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Archiv-Artikel

Gewoba-Verkauf „politisch tot“

22.000 gegen den Verkauf der Gewoba. SPD und Grüne wollen dazu noch im September einen Parlamentsbeschluss herbeiführen. Die CDU schließt einen Verkauf an Kapitalgesellschaften aus – einen Verkauf an andere Investoren aber nicht

Bremen taz ■ Der von Betriebsräten der Gewoba initiierte Bürgerantrag gegen den Verkauf der Wohnungsbaugesellschaft hat seine erste Hürde deutlich übersprungen. Binnen sieben Wochen haben nicht nur die erforderlichen 12.000, sondern sogar 22.000 BremerInnen den Antrag unterstützt. Sowohl Grüne als auch SPD wollen nun in der September-Sitzung der Bürgerschaft einen entsprechenden Beschluss herbeiführen. Die SPD, teilte deren Landeschef Carsten Sieling mit, wolle zumindest „die Mehrheit der Gewoba in öffentlichem Besitz halten“. „Der Verkauf“, urteilte Gewoba-Abteilungsleiter und eine der drei Vertrauenspersonen des Antrags, Bernhard Baumeister, bei der Präsentation der Unterschriftenlisten, „ist politisch tot“.

Derzeit gehören noch knapp drei Viertel der Gewoba städtischen Gesellschaften und damit der öffentlichen Hand. Die Bremer Investitionsgesellschaft (big) musste ihren 24-Prozent-Anteil vor Jahren allerdings auf Kredit erwerben – was ihr seitdem jährlich Millionen-Verluste beschert. Um Geld in die Bremer Kassen zu spülen und die Kreditschulden zu tilgen, hatte der Koalitionsausschuss von SPD und CDU im Frühjahr beschlossen, den Verkauf der Gewoba zumindest zu prüfen.

Die Privatisierung der Wohnungsbaugesellschaft ist eine alte Forderung der CDU. Die ruderte angesichts des Unterschriftenbergs gestern zumindest ein wenig zurück. Ein Verkauf der Gewoba „an Kapitalgesellschaften“ habe für die CDU „nie zur Debatte gestanden“, versicherte Fraktionschef Hartmut Perschau. Priorität genieße auch für die Christdemokraten „der Mieterschutz“ – und das bedeute, dass „die Wohnsubstanz durch seriöse Eigentümer sichergestellt“ werden müsse.

Als grundsätzliche Absage an jeden Verkauf, auch über die etwa für die SPD maßgebliche 50,1-Prozent-Grenze hinaus, wollte CDU-Fraktionssprecher Michael Ihly die Aussage Perschaus allerdings nicht verstanden wissen. „Das muss es nicht unbedingt bedeuten, könnte es aber“, interpretierte er. Eine Gewoba in staatlichem Besitz jedenfalls sei „nicht immer im Interesse der Mieter“. Perschau selbst war für eine Stellungnahme nicht zu erreichen.

Die Vertrauensleute des Bürgerantrags wollen die fünf dicken Ordner mit den Unterschriftenlisten nächste Woche an Bürgerschaftspräsident Christian Weber (SPD) übergeben. Der nun schon seit Monaten in der Luft liegende mögliche Verkauf der Gesellschaft mit ihren rund 43.000 Wohnungen in Bremen und Bremerhaven verunsichere Mieter, Mietinteressenten und Handwerker, sagte Baumeister. Nach Schätzungen der IG BAU hängen allein 2.000 Arbeitsplätze aus Bremen und umzu an den jährlichen Ausgaben der Gewoba von 70 Millionen Euro für Instandsetzungen und Modernisierung. Ein privater Betreiber, der mehr an kurzfristigen Gewinnen als an langfristigem Werterhalt interessiert sei, werde daran sicherlich sparen.

Baumeister bot an, dass die Gewoba, wenn sie nicht privatisiert werde, weitere, bisher städtische Aufgaben übernehmen könne, etwa die Stadtteil-Sanierung – Beispiel Tenever. Gewoba-Betriebsrätin Maren Bullermann verwies ebenfalls auf das Hochhausquartier im Osten Bremens. „Das ist ein Paradebeispiel dafür, was mit privaten Investoren passieren kann“, sagte sie mit Blick auf die ehemaligen Krause-Wohnungen, die der Eigentümer bis zur Baufälligkeit verrotten ließ: „Wenn’s schiefgeht, ist die öffentliche Hand wieder gefordert.“

Armin Simon