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Archiv-Artikel

Apple streckt sein iPhone

COMPUTER In San Francisco stellt Apple sein neues iPhone 5 vor. Es erfüllt ordentlich alle Erwartungen und schafft Abstand zum Internetkonzern Google. Aber Samsung verkauft weltweit mehr Smartphones

SAN FRANCISCO taz | Das neue iPhone 5 ist ein bisschen länger, ein bisschen dünner, es schafft eine Hochgeschwindigkeits-LTE-Verbindung ins Internet, sein Prozessor läuft etwas schneller, seine drei Lautsprecher unterdrücken ungewünschte Geräusche, und es hat ein Ladekabel namens Lightning, das deutlich schlanker ist als der alte Stecker. Apple installiert auf dem iPhone 5, das ab dem 21. September auch nach Deutschland ausgeliefert werden soll, nicht mehr Google Maps als Standard, sondern seine eigene Karten-App in 3-D, dazu einen neuen Dienst namens Passbook, der digitale Flugtickets, Fahrkarten oder Rabattgutscheine verwaltet, und schließlich wird Siri, die Spracherkennnungssoftware, ein wenig intelligenter werden.

Das ist eigentlich auch schon alles, was von der Vorstellung des iPhone 5 in San Francisco zu berichten wäre, bei der auch ein neuer iPod nano, bunte iPod-Touch-Varianten mit Handschlaufe, Kopfhörer namens EarPods und ein Update des iTunes-Systems präsentiert wurden.

Einige der Neuerungen hatte Apple schon vorher vorgestellt, viele waren auf anderen Wegen bekannt geworden. Die größte Überraschung der Präsentation, die Apple-Chef Tim Cook zusammen mit Werbechef Phil Schiller und Software-Entwickler Scott Forstall bestritt, war der kurze Auftritt der Band Foo Fighters am Ende der Veranstaltung.

In den USA soll das iPhone 5 mit einem Zweijahresvertrag zwischen 199 Dollar und 399 Dollar für die 64-Gigabyte-Variante kosten. Das iPhone 3GS nimmt Apple aus dem Sortiment, Updates für das aktuellste Betriebssystem iOS6 wird es aber auch dafür geben. Wie immer dürfte Apple damit rechnen, dass es von der neuen iPhone-Variante so viele Exemplare verkauft wie von allen jemals verkauften anderen iPhones zusammen. Die Smartphones machen geschätzte 70 Prozent von Apples Profit aus.

Werbechef Phil Schiller nannte das iPhone 5 ein „Juwel“. Mit der Funktechnik LTE soll es seine Nutzer schneller mit dem Internet verbinden. Der längere Bildschirm soll mehr Informationen auf einen Blick zeigen und mehr App-Symbole. Siri kann Sportergebnisse mitteilen oder Sprach-Botschaften an Facebook-Wände pinnen.

Mit dem iPhone 5 verfeinert Apple seine Hardware – schnellerer Prozessor, bessere Kamera – und bringt seine Smartphones auf den neuesten Stand der Onlineübertragung. Solide erfüllt das Unternehmen alle Erwartungen und bietet einige Anreize für Technikfreunde und Spielefans, auf das neue Modell umzusteigen. Außerdem setzt sich Apple von Google ab und geht einen Schritt auf Facebook zu. Das soziale Netzwerk ist so in das Betriebssystem iOS 6 integriert, dass man dort noch einfacher Fotos veröffentlichen kann.

Apple will sein iPhone 5 so zügig ausliefern wie nie zuvor, 100 Länder, 240 Anbieter. Es ist der Versuch, bei den Smartphone-Verkäufen wieder Marktführer zu werden. Derzeit verkauft Samsung die meisten Geräte. Apple hatte Ende August einen Patentprozess in Kalifornien gegen den Konkurrenten gewonnen. Die Einführung der LTE-Technik könnte nun eine Gegenklage von Samsung provozieren. Das südkoreanische Unternehmen besitzt LTE-Patente.

Und dann ist da noch die chinesische Firma namens Goo Phone, bekannt für ihre iPhone-Klone, die sich das Design des neuen iPhones auf vorab veröffentlichten Bildern abgeguckt hat und in China patentieren ließ. Ob deren Klage Erfolg haben könnte, scheint aber fraglich.

JOHANNES GERNERT

Gesellschaft + Kultur SEITE 14