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Archiv-Artikel

„Ich hab jetzt 1.000 Bücher zu Hause“

DIE KINDER Oskar, Julius, Jannick, Paul, Till, Dorian und Ella sind in der Grundschule. Wie Lesen geht? Buchstaben aneinanderkleben, sagen sie. Und dann richtig aussprechen

Ein Kindergeburtstag: Jannick wird elf. Seine Freunde sind gekommen. Oskar, Till, Dorian, Julius, Paul. Ella auch. Erst waren sie bowlen, jetzt essen sie Burger und spielen Billard – oder was sie so Billard nennen.

sonntaz: Wie erklärt ihr anderen Kindern, wie man lesen lernt?

Oskar: In die Schule gehen.

Da lernt man einiges. Aber wie war es, als du verstanden hast: Ach so, so geht Lesen?

Dorian: Für mich war das gar nicht so schwer. Wenn man sich das mal so anguckt, und das ist eine Lektion fürs Leben, dass man lesen lernt, und es ist auch ganz wichtig, dass man es kann. Ich hab jetzt 1.000 Bücher zu Hause …

Ella: … und nur eins gelesen.

Dorian: Nein, ich habe alle gelesen bis auf ein paar Kinderbücher, die interessieren mich jetzt nicht mehr.

Ella: Hast du „Herr der Ringe“ gelesen?

Dorian: Hab ich das? Ja, hab ich.

Wann habt ihr kapiert, dass man die einzelnen Buchstaben aneinanderhängen muss?

Paul: In der ersten Klasse.

War das für euch dann wie ein Wunder?

Julius: Ich wusste es eigentlich schon immer, ich wusste aber nicht, wie man das ausspricht. Ich wusste, dass man die zusammenmachen muss, ich konnte aber nur so Wörter sagen wie Schschsch-uuul-tüüü-teee, also dass ich nicht so flüssig lesen konnte.

Wie würdest du einem Kind erklären, wie es diese Hürde überwindet, wenn es Schwierigkeiten hat zu lesen?

Julius: Inwiefern Schwierigkeiten? Geistig behindert oder durch Sprachblockaden oder so?

Nein, einfach schwerfällig.

Julius: Ich würde ihm sagen, dass er die Buchstaben aneinanderkleben muss und dann noch die richtige Aussprache finden, und ich würde auch „ch“ und „sch“ und so alles erklären.

Wie hast du dich gefühlt, als du begriffen hast, dass man die Buchstaben aneinanderkleben muss?

Das war relativ blöd, weil das war an einem Tag in der Schule, wo wir so lange Sachen lesen mussten, und so gut war ich da ich auch noch nicht.

Und welches war das erste Wort, bei dem es geklappt hat, kannst du dich erinnern?

Till: Bestimmt ein ganz leichtes.

Ella: Ella.

Dorian: Dorian.

Jannick: Jannick.

Julius: „Mama“ konnte ich schon früh lesen.

Und wenn ihr jetzt englische Wörter schreiben müsst? Im Englischen ist es ja schwieriger.

Ella: Das lernen wir auswendig. Und da hat Mama ein Computerprogramm, und da muss ich es noch mal schreiben, damit es ins Langzeitgedächtnis geht und so.

Findet ihr das toll, dass ihr jetzt alle lesen könnt?

Ella: Ja, es gibt so viele gute Bücher.

Du bist eine Leseratte.

Ella: Gerade les’ ich „Herr der Ringe“, aber das ist ein wenig kompliziert, da brauche ich etwas länger. Aber sonst, wenn ich mich anstrenge, da habe ich auch schon mal an einem Tag ein Buch geschafft. Aber nur so ein dünnes.

Julius: Also ich empfinde es auch als Bereicherung, weil ich lese total viel. Kommt auf die Bücher an, wie viele ich am Tag lese.

Du schaffst mehr als ein Buch am Tag?

Julius: Natürlich, wenn es dünnere sind. Zum Beispiel „Gregs Tagebuch“, da lese ich drei am Tag, wenn ich gut drauf bin.

Paul: Ist nicht viel Text.

Also viele Bilder?

Julius: Nicht so viele, also fifty-fifty.

Jannick, fandst du auch, dass das Lesen fast von allein ging?

Jannick: Ja. Das kam zwar ziemlich spät. Es kam, da war ich schon fast neun. Jetzt lese ich jeden Tag ’ne halbe Stunde.

Ella: Weil du musst.

Julius: Also wie gesagt, es kam bei jedem fast von alleine.

Julius nimmt das Aufnahmegerät, spielt Journalist und geht von einem Kind zum nächsten:

Julius: Ich möchte Sie gerne fragen, wie alt Sie sind?

Paul: Mal nachdenken, vor zehn Jahren war ich achtzig.

Julius: Dann sind Sie neunzig.

Er geht zum nächsten Kind: Ich würde gerne wissen, wie alt Sie sind?

Dorian: Elf.

Julius: Dann würde ich gerne wissen, was Ihre Hobbys sind?

Dorian: Schlagzeug spielen, Computer spielen, Lego spielen, lesen.

Julius: Ah, sehr interessant, dann interviewe ich mal weiter. Ich möchte fragen, wie alt Sie sind?

Oskar: Ich werde im Oktober elf.

Julius: Ah, und was sind Ihre Hobbys?

Oskar: Computer spielen, rausgehen, Fußball spielen.

Julius: Ah, was machen Sie gerne?

Jannick: Basketball spielen.

Julius: Und noch?

Till: Zocken und rausgehen.

Julius, was sind denn deine Hobbys?

Ich habe viele. Ich singe, ich spiele Klavier, ich male, ich zeichne, also ich spiele auch in einer Band, ich lese.

Hast du Zeit für alles?

Paul: Er macht das nicht alles an einem Tag.

Habt ihr denn Stress in der Schule?

Paul: Im Moment haben wir nicht so viele Hausaufgaben.

Julius: Weil die Lehrerin, die uns so viele Hausaufgaben aufgibt, krank ist.

INTERVIEW: WALTRAUD SCHWAB