: Hartes Urteil im Kölner Müllprozess
Landgericht verurteilt den früheren SPD-Politiker Norbert Rüther wegen Bestechlichkeit zu Haftstrafe ohne Bewährung
KÖLN taz ■ Die Stadtpolitik im Kölner Rathaus war 1999 käuflich. Zu diesem Schluss ist das Kölner Landgericht gekommen, indem es gestern den früheren SPD-Politiker Norbert Rüther wegen Bestechlichkeit verurteilte. Richter Martin Baur verhängte für den früheren NRW-Landtagsabgeordneten und damaligen Chef der SPD-Fraktion im Kölner Stadtrat eine Strafe von zwei Jahren und drei Monate Haft ohne Bewährung. Damit überschritt der Richter überraschend die Forderung der Staatsanwaltschaft.
Unstrittig war in dem Prozess, dass Rüther vor sechs Jahren 150.000 Mark an Barspenden vom Entsorgungsunternehmer Hellmut Trienekens angenommen hatte. Das Geld wurde für den Kommunalwahlkampf verwendet. Im Gegenzug habe sich Rüther für den Teilverkauf der städtischen Müllabfuhr an Trienekens eingesetzt, lautete der Vorwurf der Justiz.
Das wiesen Rüther und seine Verteidiger vehement zurück. Die Spende habe nicht im Zusammenhang mit der Privatisierung gestanden. Nur weil sich die Gewerkschaften für den Verkauf stark gemacht hatten, wollte die SPD nicht mehr dagegen stimmen. Die Spenden seien gezahlt worden, so Rüthers Anwälte, weil Trienekens ein „Faible“ für den damaligen Oberbürgermeister-Kandidaten Klaus Heugel (SPD) hatte. Gegen Heugel wurde wegen Rüthers neuer Aussagen in diesem Prozess ein weiteres Verfahren wegen Bestechlichkeit aufgenommen.
Staatsanwalt Robert Bungart wetterte in seinem Plädoyer trotzdem leidenschaftlich gegen Rüther. „Das ist ein klassischer Fall von Schmiergeld-Annahme“, warf er dem früheren SPD-Politiker vor. „Sie haben ohne jegliche Moral und Skrupel Ihre Machtposition zum eigenen Vorteil ausgenutzt und einen Vertrauensverlust bei den Steuerzahlern verursacht.“ Es sei auch nicht nachvollziehbar, dass Rüther die Spende angenommen habe, ohne an Trienekens’ Wunsch nach einem Verkauf der städtischen Müllabfuhr zu denken.
Mit dem Abstreiten dieses Zusammenhangs habe sich Rüther keinen Gefallen getan, betonte gestern der Richter: „Sie haben gepokert, aber das hat sich nicht ausgezahlt!“ Weil Rüther so wenig Reue gezeigt habe, hätte das Urteil auch noch deutlich höher ausfallen können, so der Richter. Der Ruf der Stadt Köln habe überregional gelitten: „Wenn man in eine Bananenrepublik fahren will, kann man das offenbar auch mit den Kölner Verkehrsbetrieben machen.“
Rüther will das Urteil nicht akzeptieren und in Revision gehen. Wahrscheinlich wird der Fall vor dem Bundesgerichtshof landen, weil auch die Grundsatzfrage geklärt werden soll, ob Rüther als früherer Ratsherr mit den strengen Regeln für Amtsträger verfolgt wird oder als „normaler“ Politiker. Die höchsten Richter werden Norbert Rüther aber schon viel früher zu Gesicht bekommen: Ende des Jahres soll die Revisionsverhandlung im ersten Kölner Müllprozess stattfinden. Die Staatsanwaltschaft fand die Strafen gegen die bestochenen Entsorgungsmanager zu milde. Rüther war seinerzeit nichts nachzuweisen gewesen und er wurde freigesprochen. Frank Überall