: Schonfrist für Kleinlaster
KLIMASCHUTZ Die EU-Kommission schlägt CO2-Grenzwerte für Vans und Minibusse vor – räumt aber Übergangsfristen bis 2016 ein. Die deutsche Industrie ist dennoch empört
EU-Umweltkommissar Dimas
AUS BRÜSSEL DANIELA WEINGÄRTNER
Die Amtszeit von Umweltkommissar Stavros Dimas endet am Donnerstag. Um jeden Preis wollte er vorher noch sein Klimaschutzpaket abschließen und CO2-Grenzwerte für Kleinlaster vorschlagen. Denn die Branche, so Dimas, beeinträchtige die Glaubwürdigkeit der europäischen Klimapolitik. Während es in anderen Bereichen gelungen sei, Treibhausgase zurückzufahren, seien die Emissionen im Straßenverkehr seit 1990 um fast ein Drittel gestiegen.
Obwohl Deutschland, Frankreich und Italien verlangt hatten, dass sich erst die nächste Kommission mit dem Thema befassen solle, setzte sich Dimas durch. Doch er hat dafür Abstriche hinnehmen müssen. Nur stufenweise sollen die zwischen 2012 und 2016 neu auf den Markt kommenden Vans bis zu 3,5 Tonnen und Minibusse mit mehr als sieben Sitzen ihren CO2-Anteil in den Abgasen auf 175 Gramm pro Kilometer reduzieren. 2014 müssen 75 Prozent der Flotte diesen Grenzwert einhalten, 2015 dann 80 Prozent. Erst 2016 gilt der Grenzwert für alle Fahrzeuge. Ab 2020 sind 135 Gramm vorgesehen. Dieser Durchschnittswert für die gesamte Flotte, die vom Band läuft, wird wie bei Personenkraftwagen für die einzelnen Wagentypen nach deren Gewicht aufgeschlüsselt.
Damit hat die Bundesregierung, die Grenzwerte für Kleinlaster erst ab 2017 akzeptieren will, ihr Ziel schon fast erreicht. Auf die Frage, warum die Kommission von ihrer ursprünglichen Forderung abgerückt sei, 160 Gramm pro Kilometer schon im Jahr 2012 zu verlangen, antwortete Dimas am Mittwoch: „Wenn wir diesen Kompromiss nicht akzeptiert hätten, hätte es gar keinen Vorschlag gegeben.“ Es sei aber wichtig gewesen, den Entwurf noch im Oktober vorzulegen, so Dimas. „Nun sind die anderen Institutionen am Zug und können ehrgeizigere Ziele erreichen.“
Doch es wäre das erste Mal, dass ein Klimavorschlag der EU-Kommission im Gesetzgebungsprozess verschärft wird. Die CO2-Grenzwerte für Personenwagen etwa wurden von Rat und Parlament weiter abgeschwächt und mit zusätzlichen Ausnahmen versehen. Auch die von der Kommission vorgeschlagenen Strafen für Hersteller, die sich nicht an die vorgeschriebenen Grenzwerte halten, werden wohl den Gesetzgebungsprozess nicht überstehen. Bis 2018 sollen fünf Euro für das erste Gramm CO2 fällig werden, das den Grenzwert übersteigt, 15 Euro für das zweite Gramm, 25 Euro für das dritte Gramm und 120 Euro für jedes weitere Gramm. Ab 2019 kostet jedes Gramm 120 Euro, multipliziert mit der Zahl der vom Band gelaufenen Laster.
Mit am stärksten davon betroffen wäre Daimler: Die Fahrzeuge des deutschen Herstellers liegen mit 243 Gramm pro Kilometer deutlich über dem Durchschnitt. Der Verband der Deutschen Automobilindustrie reagierte entsprechend empört auf den Vorschlag von Dimas.