: Mit Lust weiterleben
Die tolle Anneke Kim Sarnau macht auch ein Sat.1-Aids-Drama zum Ereignis: „Ich liebe das Leben“ (20.15 Uhr)
Der Dienstagabend auf Sat.1 scheint eine klare Sache für Zuschauer und Werbetreibende zu sein: Auf zwei romantische Komödien in edlem Dekor folgt hier gewöhnlich ein Thriller in ebenso edlem Dekor. Da wirkt das heutige TV-Movie wie ein sanfter Ausbruch aus dieser Programmlogik. Der Titel „Ich liebe das Leben“ klingt zwar, als zielte man auf die angestammte Frauenzeitschriftenklientel – der Film selbst aber unterwandert die auf diesem Sendeplatz übliche Romantikvollstreckung. Wie sollte die hier auch funktionieren, schließlich handelt es sich bei der Produktion um ein Aids-Drama, genauer gesagt um eine zeitgemäße „Philadelphia“-Variation, für die man den aufklärerischen Eifer des Originals zugunsten präziser Charakterzeichnungen zurückgeschraubt hat.
Erzählt wird von einer Chirurgin, die sich bei einer Operation infiziert hat. Die Klinik setzt die Ärztin vor die Tür, ihren (HIV-negativen) Freund treibt sie in ihrer Selbstdisziplinierung eigenhändig aus der gemeinsamen Wohnung. Dass es einen Weg gibt, mit dem Virus umzugehen, ohne sich komplett von ihrem Leben zu verabschieden, erschließt sich der jungen Frau erst langsam.
Es ist der wie immer großartigen Hauptdarstellerin Anneke Kim Sarnau zu verdanken, dass dieser Lernprozess in keinem Moment den Anschein einer Therapeuten-Soap vermittelt. Sarnau beherrscht es, unter der Härte ihrer Heldin Verletzlichkeit durchschimmern zu lassen. Zusammenbruch und Regenerierung spielt sie gekonnt mit zeitlicher Verzögerung. So folgt man der Ärztin aufmerksam, wie sie ihr Leben neu sortiert. Soll sie mit ihrem Anwalt (Jan Josef Liefers) bis in die letzten Instanzen klagen, und gibt es für sie und den Freund (Roman Knizka) vielleicht doch so was wie eine gemeinsame Zukunft?
„Ich liebe das Leben“ (Regie: Anna Justice) vermittelt keine Patentrezepte und strahlt doch gerade dadurch einen eigentümlichen Optimismus aus. Bezeichnenderweise gibt es am Anfang und am Ende zwei tolle Sexszenen. Ein Film, der eben die Romantikvollstreckung auf Sat.1 unterwandert – und sich trotz des Themas nicht die Lust rauben lässt. CHRISTIAN BUSS