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Archiv-Artikel

PETER UNFRIED NEUE ÖKOS Wir kriegen was Besseres. Und Mike bezahlt

Man denkt, man hat ein gutes Leben. Und dann integriert man einen Ökofaktor – und plötzlich ist es noch viel besser

Mike vom River Lane Resort wies zunächst allen anderen ihre Häuschen zu. Dann waren nur noch wir vier übrig. „Sind Sie Peter?“ „Definitiv“, sagte ich. Er schaute mich ernst an. „Peter“, sagte er dann, „we need to talk.“ Auch die Kinder wussten, dass dieser Satz nichts Gutes verhieß. Sie wurden blass.

In dem kalifornischen Küstenort Bodega Bay, nördlich von San Francisco, spielt Hitchcocks „Die Vögel“. Ein paar Meilen weiter biegt man vom Highway 1 auf die Interstate 116 ab. Sofort steigt die Temperatur von sechzig auf achtzig Grad Fahrenheit, und nach einer Viertelstunde Fahrt am Fluss entlang kommt man nach Guerneville. Das ist das Zentrum der Russian River Region: eine Main Street, ein Safeways – 24 Stunden geöffnet –, ein wunderbarer Coffeeshop und Johnson’s Beach, wo man im Russian River baden kann und Paddelboote ausleihen.

Wir waren hier vor Jahren mal zufällig hängen geblieben und kamen seither immer wieder. Selbstverständlich buchten wir von Deutschland aus. Kinder brauchen Sicherheit, sie wollen nur das, was sie kennen. Penelope und Adorno sprachen schon wochenlang über das River Lane Resort. Wie sie stundenlang in dem Pool dort schwimmen würden. Wie sie dann im beheizten Spa abhängen würden. Und dann wieder im Pool. Eigentlich sprachen sie den ganzen Weg von Seattle runter über nichts anderes.

Und dann waren wir in der Riverlane und Mike sagte, dass wir reden müssten.

Ich schickte die Kinder raus, und er holte ein großes, vollgekritzeltes Stück Papier aus dem Nebenzimmer. Peter, sagte er, und dass ich es sicher nicht glauben würde. Das sei das „Reservierungssystem“, das ihm seine Vorgänger Ric und Bobbi hinterlassen hätten. Nette Leute, aber … er warf das Teil mit einer dramatischen Geste hinter sich auf den Boden … damit sei Überbuchung praktisch programmiert.

„Gute Nachricht, Kinder“, sagte ich, als ich wieder rauskam. „Wir kriegen was Besseres. Und Mike bezahlt.“ Vernichtende Blicke. Kein Pool, kein Spa, kein Russian River, alles war aus. Ich sagte lahm, dass sie sich die neue Cabin erst mal anschauen sollten. Nervenzusammenbruch.

Es war der beste Tausch unseres Urlaubslebens. Wir hatten ein Waldhäuschen, praktisch in den Bäumen drin. Viel mehr Comfort als das andere. Vor allem ist das Creekside Inn auch eine Öko-Anlage. Nachhaltige Architektur, eigene Stromversorgung per Photovoltaikanlage, Energieeffizienz, Pipapo. Pool und Spa waren auch viel besser. Im Prinzip ein Beweis für meine Grundüberzeugung: Man denkt, man hat ein gutes Leben. Und dann integriert man einen Ökofaktor – und plötzlich ist es noch viel besser.

Die Kinder quietschten vor Glück. Ganz am Ende hatte ich sie tatsächlich so weit, dass wir uns auf die offizielle Verlautbarung „Na ja, gleichgut“ einigen konnten.

„Aber halt nicht der Russian River“, sagte Penelope.

Ich sagte zehnmal, dass das auch der Russian River sei.

Aber sie glaubten es nicht.

Der Autor ist taz-Chefreporter Foto: Anja Weber