WOLFGANG GAST LEUCHTEN DER MENSCHHEIT : Ben Sorglos und Heidrun Gänslin
Dass es Bücher gibt, die man nicht wirklich lesen muss, dürfte ein mehr oder weniger einfallsloser Allgemeinplatz sein. Aber als wollte er beweisen, dass manches Stück Papier besser nicht beschrieben werden sollte, hat nun Stefan Schweizer seinen Kriminalroman „Rote Armee Deutschland – 1. Generation“ veröffentlicht.
Geschrieben wird über die Geschichte der Gründungsgeneration der „Roten Armee Fraktion“ (RAF). Aus Ulrike Meinhof wird Friederike Steinhoff, Andreas Baader heißt nun Lukas Arzt und Gudrun Ensslin wird mit dem Namen Heidrun Gänslin angesprochen. Benno Ohnesorg, dessen Erschießung am 2. Juni 1967 am Rande einer Protestkundgebung gegen den Berlin-Besuch des persischen Herrschers Schah Reza Pahlavi zu einem der Auslöser der außerparlamentarischen Studentenbewegung wurde, heißt in Schweizers Werk „Ben Sorglos“.
Ob sich der Autor mit der Namensgebung in seinem im SWB-Verlag Stuttgart erschienenen Krimi einen Gefallen getan hat, sei dahingestellt. Die Frage, die sich stellt, heißt: Warum will der Mann uns das erzählen?
Vor allem, wo er im Nachwort auch noch selber darauf hinweist, dass er sich beim Schreiben vor allem auf Stefan Austs vor Jahrzehnten erschienenes Buch „Der Baader-Meinhof-Komplex“ und auf den Band „Tödlicher Irrtum. Die Geschichte der RAF“ des zeitweiligen Aktenzeichen-XY-ungelöst-Moderators Butz Peters stützt. Deren Deutung der RAF-Gründungsgeschichte übernimmt er scheinbar ohne jede eigene Recherche – lediglich angereichert mit einer etwas schwer nachvollziehbaren fiktiven Erzählung um einen verdeckten Ermittler namens Harald Grass.
Der soll, so die Geschichte, das Umfeld der Militanten erkunden und Anschläge der Überwachten verhindern. Der Romanfigur erwächst dabei aber selbst ein größeres Problem, und zwar mit den Regeln des Rechtsstaates.
Kleiner Insiderscherz am Rande: Da könnte ein gewisser Herr Grünhagen vom Berliner Landesamt für Verfassungsschutz bei der Entwicklung dieser Figur unfreiwillig Pate gestanden haben.
Das macht die Sache aber insgesamt auch nicht besser oder gar literarisch wertvoller. Bücher über die Geschichte der RAF gibt es zuhauf. „Rote Armee Deutschland – 1. Generation“ ist ein Fall für den Friedhof der schnurstracks im Ramsch gelandeten Werke.
■ Wolfgang Gast ist Redakteur der taz Foto: privat