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Archiv-Artikel

„Der Reiz des Morbiden“

AUSSTELLUNG Ein Fotograf erzählt in Worten und Bildern aus der aserbaidschanischen Hauptstadt

Sebastian Burger

■ 32, arbeitet als Fotograf gerne partizipatorisch. Zuletzt fuhr er lange durch Deutschland – zum Thema Depression.

taz: Herr Burger: Wird das heute eine klassische Dia-Show über Baku, die „Stadt der schlagenden Winde“?

Sebastian Burger: Jein, ich finde den Begriff sehr aufdringlich, lebe aber seit langen unter anderem von solchen Vorträgen – multimedial und kurzweilig wird’s also dennoch. Thema meines Vortrags ist auch nicht nur die Architektur der Stadt, sondern auch, wie sich die Menschen dort zurecht finden.

Auf den Bildern geht es aber vor allem um Hochhäuser.

In kaum einer anderen Stadt entsteht und zerfällt so viel und dies so schnell wie in Baku. Anders als etwa in Dubai, wo auf Sand gebaut wird, werden in Baku meist erst alte, historische Gebäude abgerissen, bevor Neues entsteht. In der aserbaidschanischen Hauptstadt wurden in den letzten zehn Jahren rund 800 Hochhäuser errichtet. Neue Appartements stehen oft leer, Wohnungen werden nicht selten nur als Geldanlage gekauft.

Gehören Sie auch zu jenen Fotografen, die gerne das Abgerockte in der Architektur feiern?

Na ja, ich kann mich dem Reiz des Morbiden nicht ganz entziehen. Aber es gibt durchaus Menschen auf meinen Bildern zu sehen. Ich würde es also eher belebte Architektur nennen. Das Ganze ist eine durchaus kritische Bestandsaufnahme.

Als Sie 2008 im Rahmen Ihrer Diplomarbeit an der Hochschule für Künste das erste Mal in Baku waren, da wollten Sie eigentlich in den Iran. Was reizt Sie an Diktaturen?

Es ist eher das islamisch-orientalische, das mich reizt, und das, was ich 2005, als ich mit Blinden auf Tandems von Bremen nach Singapur fuhr, schon kennengelernt hatte. Aber der Iran war letztlich zu gefährlich, um dort mit Kamera-Ausrüstung längere Zeit zu arbeiten. In Baku hingegen konnte ich als Deutscher, zuletzt 2011, unbehelligt arbeiten. Das dortige Kultusministerium hat das auch abgesegnet, aber ich glaube nicht, dass die wirklich verstanden haben, was ich mache.INTERVIEW: JAN ZIER

17 Uhr Vortrag, 18.30 Uhr Führung. Böttcherstr. 3, Eingang Chateau, Haus St. Petrus. Die Ausstellung ist nochmals am 31. Oktober von 15 bis 18 Uhr geöffnet sowie zur Finissage am 3. November ab 19.30 Uhr