WAR DER UN-MILLENNIUMSGIPFEL EIN ERFOLG? JA : Der Sog hat gewirkt
Die Armut auf der Welt soll abgeschafft werden? „Träum weiter“, kann man da nur sagen. Wer sich solche Ziele setzt, wird sie nicht erreichen. Kein Wunder also, dass der UN-Millenniumsgipfel einen flauen Eindruck hinterlässt. Angesichts des Maximalprogramms von UN-Generalsekretär Kofi Annan kann die Wirklichkeit nur läppisch aussehen. Doch hinsichtlich der Millenniumsziele zur Halbierung der weltweiten Armut bis 2015 und zu ihrer Beseitigung bis 2025 war der Gipfel dennoch ein Erfolg. Seine Bedeutung liegt nicht so sehr darin, was im Abschlussdokument steht, sondern in dem Prozess, den er schon vorher ausgelöst hat. Die Regierungen wussten seit langem: Diese Veranstaltung kommt. Deshalb haben sie sich vorbereitet. Die meisten wollten einen schlechten Eindruck vermeiden.
So hat sich die G-8-Gruppe der reichen Staaten vor geraumer Zeit verpflichtet, bis 2010 jährlich 50 Milliarden Dollar mehr für offizielle Entwicklungshilfe aufzubringen. Allein damit ist schon fast die Summe erreicht, die notwendig ist, um die Ziele bis 2015 zu erreichen. Auch die Europäische Union hat sich einen Zeitplan gesetzt, wie sie zusätzliche Milliarden aufbringen will. Bald werden die ersten Staaten – hoffentlich auch Deutschland – Gebühren auf Flugtickets erheben, um mehr und bessere Entwicklungspolitik zu finanzieren. Großbritannien investiert 1,8 Milliarden Dollar zusätzlich in die Bekämpfung von Aids, Malaria und Tuberkulose.
Natürlich sind dies alles Versprechungen, manches wird nicht passieren, anderes zurechtgelogen. Aber der Sog wirkt. Selbst kritische Bürgerrechtsgruppen räumen inzwischen ein, dass die Millenniumsziele im Weltdurchschnitt wohl erreicht werden können – vor allem wegen des hohen Wachstums in China und Indien. Den zwei Milliarden Menschen dort wird es besser gehen, sehr vielen in Afrika dagegen nicht. Trotz dieser schmerzlichen Feststellung: Das Millenniumsprojekt ist schon heute ein unglaublicher Erfolg. Ohne den Gipfel mit seinem dürftigen Ergebnis wären wir längst nicht so weit wie mit ihm. HANNES KOCH