: Agfa-Belegschaft darf noch einen Tag hoffen
Nach der überraschenden Insolvenz im Mai droht bei AgfaPhoto in Leverkusen der Verlust von bis zu 1.200 Jobs. Verhandlungen mit möglichen Investoren morgen abgeschlossen. Staatsanwaltschaft: Kein krimineller Konkurs
LEVERKUSEN taz ■ Bei AgfaPhoto starrt alles auf den 11. Oktober: Für diesen Tag hat Insolvenzverwalter Andreas Ringstmeier zu einer Versammlung der Gläubiger des insolventen Leverkusener Fotounternehmens eingeladen. Bis dahin will er auch die Verhandlungen mit potenziellen Investoren abgeschlossen haben. „Die Verhandlungen laufen auf Hochtouren“, bestätigte AgfaPhoto-Sprecher Thomas Schulz.
„Bedrückt und abwartend“ schildert Bernhard Dykstra, der Vorsitzende des Gesamtbetriebsrats, die Stimmung in der Belegschaft. „Jeder wartet darauf zu erfahren, wie die Zukunft aussieht.“ Erste Anzeichen für die kommenden Veränderungen sind dem Betriebsrat freilich nicht entgangen: Überraschend habe die Geschäftsführung angekündigt, dass das 13. Monatsgehalt wegfallen soll, empört sich Dykstra. Warum das nicht schon im August bekannt war, ist für ihn „absolut nicht nachvollziehbar“. „Die Leute halten trotz der schwierigen Lage den Betrieb aufrecht, andererseits zieht man ihnen das Geld aus der Tasche“, ärgert er sich. Darüber werde der Betriebsrat noch verhandeln, kündigt er an.
Es kann aber auch noch schlimmer kommen. Laut Presseberichten könnten unter einem neuen Investor maximal 500 der einst 1.700 Arbeitsplätze bestehen bleiben. Ringstmeier verhandelt derzeit mit dem britischen Fotoautomatenbetreiber Photo-Me sowie dem Agfa-Manager Jörk Hebenstreit, der eine Investorengruppe um den US-Finanzinvestor Silverpoint Partners hinter sich hat. Beide wollen zwar das ganze Unternehmen übernehmen, haben aber unterschiedliche Konzepte. Photo-Me setzt auf Fotopapier und Fotochemie. Profitieren würden davon die Standorte Leverkusen und Vaihingen. Hebenstreit leitet den Laborbereich von AgfaPhoto in Peiting und hat hier das größte Interesse.
Noch im Juli hieß es, dass 850 Arbeitsplätze in Deutschland erhalten werden könnten. „Um langfristig weitermachen zu können, brauchen wir auf jeden Fall einen Investor“, sagte AgfaPhoto-Sprecher Schulz. Zu dem möglichen weiteren Personalabbau wollte er sich nicht äußern. Zwar habe sich Insolvenzverwalter Ringstmeier im Juli auf 850 Mitarbeiter festgelegt. Wie es weitergehe, sei aber Sache des Investors.
Unterdessen hat Ringstmeier die Gründe zusammengetragen, die seiner Auffassung nach zu der Insolvenz führten, in die AgfaPhoto zur Überraschung vieler Beobachter wie der Belegschaf Ende Mai gerutscht ist. Wie der Leverkusener Anzeiger berichtet, hat AgfaPhoto im entscheidenden Moment einen zuvor angekündigten Kredit von 50 Millionen Euro nicht aufgenommen. Die näheren Umstände sind aber völlig ungeklärt. Die Liquiditätskrise soll sich dadurch verschärft haben, dass die erwarteten Umsatzsteigerungen ausblieben. Anzeichen dafür, dass Gelder veruntreut wurden, sieht Ringstmeier aber nicht.
Nach der überraschenden Insolvenz waren Vermutungen laut geworden, dass AgfaPhoto absichtlich in die Pleite geführt wurde, um Mitarbeiter leichter entlassen und das Unternehmen auf seine lukrativen Teile ausschlachten zu können. Auch die Staatsanwaltschaft Köln hatte sich eingeschaltet. Es sei aber kein Ermittlungsverfahren eingeleitet worden, so Sprecher Günther Feld zur taz: „Bisher gab es keine Anhaltspunkte für strafbares Verhalten.“ DIRK ECKERT