LITERATUR : Worte als Brechstangen
Böse Worte voller Zorn, darum war Rolf Dieter Brinkmann (Foto) nie verlegen. Brechstangen waren sie für ihn: nicht beschrieben hat er die Realität mit ihnen – sondern auf sie eingeschlagen, die Hässlichkeit der Welt auseinandergenommen und die Enge der „Phantomgegenwart“ ausgemessen. Ungestüme, geballte Wortwut unterwegs zu den Grenzen der Sprache, die immerzu drängt, den Worten zu entkommen – und doch immer nur „Wörter, Formulierungen. Aber was ist denn da tatsächlich? Das kann Sprache, Formulierung nicht sagen.“ Und dennoch: nur als Schreibender lässt sich überhaupt leben. Mitte der 60er rezipierte Rolf Dieter Brinkmann die US-amerikanische Underground-Lyrik, brachte zusammen mit Ralf-Rainer Rygulla die wegweisende Beatnik-Anthologie „Acid. Neue amerikanische Szene“ heraus, galt als literarischer Hoffnungsträger, als Politrebell und erster deutscher Popliterat. 1970 jedoch zog er sich Brinkmann aus dem Literaturbetrieb zurück, mit ehemaligen Weggefährten zerstritten, von der politischen Bewegung und dem zum Konsum verflachten Pop enttäuscht, sah Brinkmann für sein Schreiben künstlerisch wie ökonomisch keine Perspektive mehr und setzte an zu „einer der größten Beschimpfungen der Gegenwart, die je geschrieben wurden“. Heute Abend ist Brinkmann Thema in Gerhard Henschels und Rayk Wielands „Toter Salon“. Über Brinkmann reden und streiten die beiden mit Klaus Theweleit. Der nämlich hat in seinen kulturtheoretischen und literaturwissenschaftlichen Studien immer wieder Bezug auf Brinkmann genommen. MATT
■ Do, 21. 3., 20 Uhr, Polittbüro, Steindamm 45