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Archiv-Artikel

Schäubles Schweigegeld KOMMENTAR VON WOLFGANG GAST

Nun soll er also Geld genommen haben. Der Deutschlibanese Khaled al-Masri, von der CIA verschleppt und in Afghanistan misshandelt, hat sich von seinen Folterern bestechen lassen – das jedenfalls ist die Botschaft, die Innenminister Wolfgang Schäuble verbreitet, wenn er behauptet, der US-Geheimdienst habe sich bei dem Malträtierten entschuldigt und ihm für sein Schweigen „ein Geld gegeben“.

Egal, dass Schäuble selbst nicht weiß, ob tatsächlich Gelder geflossen sind, und dass sowohl al-Masri als auch sein Anwalt jede Bezahlung bestreiten– die Behauptung ist in der Welt. Infam an der Äußerung ist die darin enthaltene Unterstellung: Al-Masri und sein Rechtsbeistand müssen jede Zahlung dementieren, sonst wäre die schöne Geschichte vom unschuldigen Folteropfer und dem gemeinen Geheimdienst blitzschnell vom Tisch. Ob vom Innenminister gewollt oder nicht, mit der behaupteten Zahlung werden die Vorwürfe von Entführung und Folter relativiert. Ein Opfer, das sich am Ende mit seinen Peinigern arrangiert, verliert in hohem Maße die moralische Reputation, seine Peiniger öffentlich anzuprangern. Das an sich ungeheure Ereignis mutiert zu einem dubiosen Geschachere.

Wie Vorwürfe geschickt zu umgehen sind, ließ sich in der CIA-Affäre auch an anderer Stelle beobachten. Am Vorabend der Europareise von US-Außenministerin Condoleezza Rice stand die Regierung der Vereinigten Staaten unter erheblichem Druck, die dubiosen Praktiken ihres Geheimdienstes zu erklären. Noch vor der Landung der US-Außenministerin in Berlin sickerte die Nachricht durch, dass der deutsche Innenminister doch längst vom US-Botschafter unterrichtet worden sei – in der Folge diskutierten Politik und Öffentlichkeit vor allem das Verhalten Schilys, weniger die kruden Antiterrormethoden der USA.

Der eine Skandal ist, dass deutsche Behörden offenbar keinen Skrupel kennen, von den vermeintlichen Erkenntnissen der CIA-Praktiken zu profitieren, wie die Anwesenheit deutscher Beamter in Syrien und in Guantánamo zeigt. Dass Vertreter der Regierung dies rechtfertigen, ist der zweite Skandal. Und der dritte ist, eines der Opfer auch noch zu diskreditieren.