: Amigo-Regeln lassen auf sich warten
VETTERNWIRTSCHAFT Die Piratenfraktion wollte sich strenge Richtlinien geben – passiert ist seit 2011 nichts
Sie wenden sich gegen Hinterzimmerpolitik und Klüngelei: Die Ansprüche sind bei den Piraten stets hoch, höher zumindest als die rein rechtlichen Vorgaben. Während aber in Bayern die „Amigo-Affäre“ die Gemüter erhitzt und die CSU Konsequenzen daraus zieht, hat die Piratenfraktion im Berliner Abgeordnetenhaus das Thema schleifen lassen. Wie steht sie zur Beschäftigung von Verwandten aller Art?
Im Herbst 2011 gerieten die Piraten in die Schlagzeilen, weil Abgeordnete Lebensgefährten als Mitarbeiter beschäftigten – bezahlt mit Steuergeldern. Um jeden Anschein von Günstlingswirtschaft zu vermeiden, wollten die Piraten „allgemein verbindliche Richtlinien für die gesamte Fraktion“ ausarbeiten. Die gibt es bis heute nicht. Der Abgeordnete Fabio Reinhardt bedauert das, denn er weiß, dass hier zwischen Anspruch und Wirklichkeit ein Widerspruch besteht: „Es wäre sinnvoll, wenn wir uns als Fraktion auf ein gemeinsames Vorgehen einigen würden“, sagt er. „Das haben wir bislang leider nicht geschafft.“ Grund sei die Arbeitsüberlastung der Fraktion.
Der Parlamentarische Geschäftsführer Heiko Herberg sieht weniger akuten Handlungsbedarf. Was die Fraktionsmitarbeiter angeht, gebe es die Übereinkunft, dass Lebenspartner von Abgeordneten nicht infrage kommen. Bei den persönlichen Mitarbeitern der Abgeordneten dürfe sich die Fraktion gar nicht einmischen, schließlich hätten diese rein rechtlich nichts mit der Fraktion zu tun.
Seine Lebensgefährtin
Ansonsten reagiert Herberg wortkarg. Auch wegen seiner Mitarbeiterin war das Thema Ende 2011 hochgekocht. Mit seinem Fraktionskollegen Oliver Höfinghoff teilt er sich eine persönliche Mitarbeiterin – die Lebensgefährtin Höfinghoffs. Dieser wollte sich am Montag zu dem Thema nicht äußern. Er hatte stets argumentiert, er sei mit seiner Mitarbeiterin erst zusammengekommen, als diese ihren Vertrag bereits unterschrieben hatte. Seine Verantwortung als Arbeitgeber verbiete es, sie einfach wieder zu entlassen. Zuvor hatte bereits die Abgeordnete Susanne Graf ihren Freund eingestellt. Als ihr Vetternwirtschaft vorgeworfen wurde, setzte sie ihn vor die Tür – in ihrer Funktion als Vorgesetzte. SEBASTIAN ERB