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Archiv-Artikel

Flug nach Plan

Der Norweger Roar Ljökelsöy verteidigt seinen Titel als Skiflug-Weltmeister. Genauso hatte das sein Trainer Mika Kojonkoski auch vorgesehen. Nun steht der Olympiasieg in Turin auf dem Programm

AUS BAD MITTERNDORFKATHRIN ZEILMANN

Das Lächeln war wie eingemeißelt – und es gab ja auch keinen Grund an diesem Tag, ernst dreinzublicken. Roar Ljökelsöy hatte soeben seinen zweiten WM-Titel im Skifliegen gewonnen, und nun strahlte der Norweger, während er nach immer neuen Superlativen suchte, um seinen Erfolg und die dazu gehörige Gefühlslage zu beschreiben. Ljökelsöys Zuhörer lächelten zurück, der Sportler aus Trondheim hatte die Sympathien schnell auf seiner Seite.

Schon vor zwei Jahren, bei den vorherigen Flug-Titelkämpfen in Planica, war Ljökelsöy am weitesten geflogen. Nun, mit dem neuerlichen Erfolg, tat er es Sven Hannawald gleich, der es als erstes geschafft hatte, zweimal hintereinander Weltmeister im Skifliegen zu werden (2000 und 2002). Insgesamt wurde die WM im steirischen Bad Mitterndorf zu einem Flug in den Aufschwung, denn Silber und Bronze ging an die Österreicher Andreas Widhölzl und Thomas Morgenstern. Bis zu diesem Wochenende waren sie und ihre Mannschaftskollegen meist in desolatem Zustand von der Schanze gesprungen, entsprechend groß war nun die Erleichterung. „Wir wussten immer, dass wir das Skispringen nicht verlernt hatten und die Erfolge kommen würden“, sagte Widhölzl stellvertretend für seine Mannschaftskollegen. Auch Roar Ljökelsöy, 29, hätte einen ähnlichen Satz von sich geben können, auch er war eher schlecht in die Saison gestartet und hatte erst bei der Vierschanzentournee in Oberstdorf mit Rang zwei ein gutes Resultat gezeigt. Und weil bisher eher mäßig erfolgreiche Athleten vorne lagen, mussten jene, die sich das Siegen zur Gewohnheit gemacht haben, also Jakub Janda und Janne Ahonen, die beiden Tourneesieger, diesmal Rückschläge hinnehmen – und mit den Plätzen sieben und acht zufrieden sein. Damit lagen sie sogar hinter Michael Uhrmann, der mit Platz fünf allerdings für den einzigen Lichtblick aus deutscher Sicht sorgte.

Ebenso wie den Österreichern hat auch dem alten und neuen Weltmeister das Vertrauen in die eigene Stärke geholfen, sein Tief zu überwinden. „Ich habe gefühlt, dass es wieder gut wird, solange ich richtig arbeite“, sagte Ljökelsöy. Sein Trainer Mika Kojonkoski sieht deshalb die größte Stärke des Weltmeisters nicht allein darin, die technischen Abläufe perfekt zu beherrschen. Sondern: „Er hat eine große innere Stärke. Er kann dem Druck standhalten, wenn er von seiner Technik überzeugt ist.“ Bis er davon überzeugt war, galt es auf der Schanze das Richtige zu tun. Und das, so Kojonkoski, dauerte vor diesem Winter eine Weile. „Wir hatten Diskussionen. Es war nicht so, dass wir uns angeschrien hätten, aber es dauerte, bis wir unsere gemeinsame Linie gefunden hatten.“ Manchmal, sagt Kojonkoski, habe er die Athleten ein wenig überrannt mit seinen Ideen, mittlerweile versuche man es mit Diskussionsprozessen.

Nur wenige kennen das Geschäft auf und neben der Schanze so gut wie der Finne, der auch schon seine Landsleute sowie die Österreicher als Chefcoach betreut hat. Bevor er das Engagement in Norwegen vor vier Jahren angenommen hatte, war dort ernsthaft diskutiert worden, ob es sich überhaupt lohne, eine norwegische Mannschaft aufzubauen, um sie zu den Olympischen Winterspielen zu schicken. Zu groß schien die Gefahr einer Blamage. Auch Ljökelsöy, seit 1993 im Weltcup unterwegs, gehörte damals zu der gescholtenen Truppe. Er überlegte damals ernsthaft, die Sprungskier in die Ecke zu stellen. Andererseits begriff er Kojonkoskis Engagement als neue Chance. Er hat sie genutzt – seitdem vergisst er nicht, den Trainer und dessen Arbeit zu loben.

In der Tat hat Kojonkoski den norwegischen Skisprung entrümpelt und neue Trainingsreize gesetzt. Zudem formulierte er schon 2002 ein großes Ziel: Gold in Turin 2006. Sogar einen genauen Plan hat der Trainer dafür entworfen. Dass Ljökelsöy dann schon 2002 Skiflug-Weltmeister wurde und Sigurd Pettersen im gleichen Winter die Tournee gewann, „kam vielleicht sogar etwas früh“, sagt Kojonkoski heute. Egal. Mit dem neuerlichen Gewinn des WM-Titels habe Ljökelsöy bereits die abschließende Stufe zur perfekten Olympia-Form erklommen. Der Trainer spricht, als sei er Architekt eines lange und genau geplanten Gebäudes: „Bis Turin sollte alles fertig sein“, sagt er. Ljökelsöys Lächeln wäre die passende Fassade.