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Archiv-Artikel

Kein Loch für Junkies

Der Bonner Bahnhofsvorplatz soll schöner werden. Doch für die vielen Drogenabhängigen ist dann kein Platz mehr

Das Bonner Loch ist das stadtplanerische Trauma der ehemaligen Bundeshauptstadt: ein hässlicher Betonaufgang vom Bahnhof in die City, und noch dazu die Heimstatt zahlreicher Heroinabhängiger, die mit ihrer schieren Präsenz die ansässigen Einzelhändler ärgern. Damit das Loch endlich gestopft wird, hat die Stadt im Herbst ein aufwändiges Beteiligungsverfahren begonnen. Alle Interessen sollen in der „Bürgerwerkstatt“ unter einen Hut gebracht werden. Was mit den Junkies passieren soll, wenn das Loch verschwindet, ist bislang unklar. Jetzt gibt es heftigen Streit, weil die Bonner CDU Tatsachen schaffen möchte, ohne das Ergebnis des Beteiligungsverfahrens abzuwarten.

In einem Antrag für den Hauptausschuss am 31. Januar haben die Christdemokraten vorgeschlagen, die Verwaltung solle prüfen, „inwieweit die öffentliche Widmung von Flächen im Bereich des Bonner Lochs zurückgenommen werden kann“. Im Klartext: Die angrenzenden Eigentümer wie die Bahn AG sollen dann von ihrem Hausrecht Gebrauch machen und die Junkies vertreiben können. Damit konterkariere die CDU die Ergebnisse der Bürgerwerkstatt, empören sich die Grünen. „Der Bahnhofsvorplatz muss so gestaltet werden, dass er wieder eine Aufenthaltsqualität für alle Bürger gewinnt. Das muss auch für die Drogen- und Alkoholabhängigen gelten und darf nicht um den Preis ihrer Verdrängung geschehen“, so die sozialpolitische Sprecherin der Grünen, Coletta Manemann.

Zur Klärung der umstrittenen Frage, wohin die Szene abwandern soll, wenn das Bonner Loch tatsächlich zur Baustelle wird, soll nun auch ein Runder Tisch unter Leitung der christlichen Kirchen beitragen. In der Bürgerwerkstatt ist als ein „Denkanstoß“ das Beispiel der Hamburger Herbertstraße angeführt worden. Dort gehen Prostituierte hinter hohen Zäunen versteckt ihrem Gewerbe nach.

Heute Abend werden die Vorschläge der Bürgerwerkstatt zur Umgestaltung des Platzes in der Universitätsaula präsentiert. Dabei geht es nicht nur um den künftigen Umgang mit der offenen Drogenszene, sondern auch um ein Verkehrskonzept und die Bebauung des Vorplatzes. Alle Bürger sind eingeladen, die Pläne zu bewerten. Der Stadtrat soll sich dann an dem Votum orientieren. Vor dem Frühjahr sei allerdings nicht mit einer Entscheidung zu rechnen, so eine Sprecherin der Stadtverwaltung.

SEBASTIAN SEDLMAYR