DAS AUS DER WOCHE : Zielgruppe zu klein
Ende Mai läuft die Bremer Internet-Nachrichtensendung „Tageswebschau“ zum letzten Mal
Wenn ein Projekt kurz vor dem Ende steht, laufen die Macher aus Trotz oder Verzweiflung oft noch mal zu großer Form auf. Zu wünschen ist das auch den Redakteuren der „Tageswebschau“, einer vierminütigen Nachrichtensendung für ein jüngeres Publikum, die jeden Werktag um 17 Uhr im Netz zu sehen ist. Am 31. Mai läuft die Sendung, die von Radio Bremen produziert und von der ARD-aktuell-Redaktion in Hamburg abgenommen wird, zum letzten Mal. Dass es vorbei ist, wissen die sechs Macher aus der Redaktion mit dem zwanghaft hippen Namen „Digitale Garage“ schon länger: Mitte April hatten die ARD-Intendanten das Aus beschlossen.
„Das Web-Wichtigste“ lautet das Motto der Bremer Garagencombo: Für eine netzaffine Zielgruppe werden die drei relevantesten Themen des Tages ausgewählt und in einer für Nachrichten unüblich lebendigen Bildsprache präsentiert. Allein: Die Resonanz blieb bescheiden. Die Nutzerzahlen auf der eigenen Webseite und bei Youtube lagen laut der Fachzeitschrift Funkkorrespondenz „jeweils im mittleren vierstelligen Bereich“.
Zu sehen ist die Tageswebschau nicht nur im Netz, zu verschiedenen Sendezeiten läuft sie auch bei den drei Digitalkanälen der ARD. Das aber ist eher Teil des Problems, denn in Grenzen hält sich auch die Wahrnehmung von Tagesschau 24 (Konzept: Inforadio mit bewegten Bildern; braucht kein Mensch), Eins Plus (Konzept: belanglose Billigproduktionen) und Eins Festival (Konzept: nicht zu erkennen).
Zum Teil sind die Berichte in der Minisendung durchaus gelungen. Nur: Wer netzaffin ist, ist in derlei Fragen ohnehin auf dem Laufenden – und braucht keinen Kurzbeitrag um 17 Uhr. Und manchmal unterfordert die „Tageswebschau“ ihr Publikum auch arg: Diese Woche unter anderem mit einem Beitrag, der darüber informiert, dass man beim Eurovision Song Contest in diesem Jahr auch mittels einer Smartphone-App abstimmen kann. Nachrichtlich relevant ist daran nichts.
Vielleicht ist schon der Grundgedanke falsch, dass besondere Zielgruppen besondere Nachrichtensendungen brauchen. Vielleicht wäre es besser, die regulären Tagesschau-Sendungen zu entstauben und sich Gedanken darüber zu machen, wie sich über Politik substanzieller und damit auch für ein jüngeres Publikum attraktiver berichten lässt.
Neunmal gibt es die Vier-Minuten-Sendung nun noch. Immerhin darf die „Digitale Garage“ weiter produzieren – keine Nachrichten zwar, aber andere Inhalte für Radio Bremen und das ARD-Gemeinschaftsprogramm. RENÉ MARTENS