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Archiv-Artikel

Zwei Exminister festgenommen

GEORGIEN Mitglieder der im Oktober abgewählten Partei ENM von Präsident Saakaschwili werden der Korruption beschuldigt. Staatschef: Politische Rache

BERLIN taz | Der juristische Feldzug der georgischen Regierung gegen enge Verbündete von Staatspräsident Michail Saakaschwili geht weiter. Am Dienstag wurden der ehemalige Regierungschef Vano Merabischwili sowie der frühere Gesundheitsminister Zurab Chiaberaschwili unter dem Verdacht der Korruption, der Veruntreuung öffentlicher Mittel und des Amtsmissbrauchs festgenommen.

Merabischwili ist Generalsekretär von Saakaschwilis Partei Vereinigte Nationale Bewegung (ENM), die seit den Parlamentswahlen vom 1. Oktober 2012 in der Opposition ist. Zurab Chiaberaschwili, Gouverneur der Provinz Kachetien, wurde am Mittwoch gegen Zahlung einer Kaution in Höhe von umgerechnet 10.000 Euro wieder auf freien Fuß gesetzt. Merabischwili und Chiaberaschwili sollen unter anderen für die letzten Parlamentswahlen die ENM mit staatlichen Geldern versorgt sowie versucht haben, über Unterstützer Stimmen für die Partei zu kaufen.

Führende Vertreter der ENM kritisierten die Festnahmen. Giorgi Tevdoradze, ein ENM-Abgeordnter, sprach von „politischem Terrorismus“, Präsident Saakaschwili von „politischer Rache“. Er zog einen Vergleich zu dem Fall der ukrainischen Oppositionsführerin Julia Timoschenko. Diese verbüßt eine Haftstrafe wegen Amtsmissbrauchs. Seit Timoschenkos Inhaftierung liege der Prozess der Annäherung der Ukraine an die EU auf Eis, sagte Saakaschwili. Seit 2011 verzeichne das Land keinen Fortschritt im Hinblick auf EU und Nato.

Demgegenüber verwahrte sich Premier Bidzina Ivanischwili gegen Vorwürfe, die Verfahren seien politisch motiviert. Politische Verfolgung werde nicht geduldet, sagte er.

Einige Beobachter werten die Festnahmen zwar als Machtdemonstration – doch diesmal in Richtung der Kirche. Am 17. Mai waren bei einer Homoparade in der Hauptstadt Tiflis 17 Menschen verletzt worden, als Tausende von Demonstranten, angeführt von orthodoxen Priestern, einige Dutzend Homosexuelle zu vertreiben versuchten.

Zuvor hatte Ivanischwili den Teilnehmern der Parade Polizeischutz zugesagt. Angesichts des Versagens der Ordnungshüter zeigte sich Ivanischwili sichtlich unangenehm berührt. Er kündigte an, Vertreter des Klerus, die Gesetze verletzt hätten, zur Verantwortung zu ziehen.

BARBARA OERTEL