: Koalition spart nicht an harten Worten
FINANZEN Der Senat berät am heutigen Dienstag über die finanziellen Folgen des Zensus 2011 für Berlin. Der notwendige Sparkurs wird von den Fraktionen gestützt. Linke: Abschied von rot-schwarzen Illusionen
Die künftige Stoßrichtung der Berliner Haushaltspolitik ist klar: Von einer „massiven Zäsur“ sprachen am Montag die Chefs der rot-schwarzen Regierungskoalition, Raed Saleh (SPD) und Florian Graf (CDU) – von einer „harten Ausgabenlinie“ und „erforderlicher Haushaltsdisziplin“. Berlin soll nach Vorlage der Ergebnisse des Zensus 2011 noch schärfer sparen, um so schnell wie möglich keine neuen Kredite mehr aufnehmen zu müssen.
3,29 Millionen lautet die neue amtliche Bevölkerungszahl Berlins, das sind knapp 180.000 Einwohner weniger als bisher angenommen. Statistiker machen für diese Differenz vor allem die zahlreichen Umzüge verantwortlich, gepaart mit oft ausbleibenden Ummeldungen durch die Bewohner oder die Behörden.
940 Millionen retour
Für Berlin bedeutet die neue Bevölkerungszahl, dass es voraussichtlich 940 Millionen Euro an den Länderfinanzausgleich zurückzahlen muss. Dieses Geld wird das Land nicht überweisen, es wird nach genaueren Berechnungen in diesem oder im nächsten Jahr von den Beträgen abgezogen, die ihm dann aus Länderfinanzausgleich und Umsatzsteuereinnahmen zustehen.
Berlins Einnahmen aus dem Länderfinanzausgleich jedoch werden sinken, um wohl jeweils 470 Millionen Euro in den nächsten beiden Haushaltsjahren. Zudem erhält Berlin weniger Geld, weil der Solidarpakt II ausläuft, der Länderfinanzausgleich vor einer Neubewertung steht und die Personalkosten des Landes steigen werden. Saleh und Graf forderten deshalb eine Überarbeitung der Finanzplanung für die kommenden Jahre. Der Senat berät am heutigen Dienstag über die Zensusfolgen.
Eine Neuaufstellung der Finanzplanung forderte auch Linken-Fraktionschef Udo Wolf. Die Zensusergebnisse seien aber „keine Katastrophe“: Sie änderten nichts an der seit Jahren überdurchschnittlich guten wirtschaftlichen Entwicklung der Stadt. Der Senat müsse nun Prioritäten setzen, und zwar für bezahlbares Wohnen, Bildung, den öffentlichen Dienst und die Daseinsvorsorge. Der Zeitplan der Koalition für die Vorlage eines ausgeglichenen Haushalts 2015 sei eine Illusion. „Wir halten 2016 für weitaus realistischer“, sagte Wolf. SEBASTIAN PUSCHNER