: „Liacht in die Knü gehe“
LENZERHEIDE Beim Frauen-Langlauf-Festival können Langläuferinnen die verschiedenen Techniken erlernen
■ Women’s Langlauf-Festival Nächster Termin in Lenzerheide: vom 13. bis 16. Januar 2011. Das Pauschalangebot mit drei Übernachtungen im Viersternehotel mit Vollpension, Techniktraining, Ausflügen und Rahmenprogramm kostet 650 Schweizer Franken. Billiger wird es, wenn sich mehrere Frauen zusammen eine Ferienwohnung mieten. Auskünfte: Lenzerheide Marketing und Support AG, Tel. 00 41 81 3 85 11 20, www.lenzerheide.com
■ Lenzerheide Mit 52 Kilometern täglich frisch gespurter Loipen gilt der Ort in Graubünden als Langlauf-Mekka. Außerdem hat das Familienskigebiet ca. 155 Kilometer Pisten und über 80 Kilometer Winterwanderwege aufzuweisen.
■ Informationen bei Schweiz Tourismus unter Tel. (00800) 100 200 30 (Gratisnummer) oder www.myswitzerland.com
VON ULRIKE WIEBRECHT
Liacht in die Knü gehe, uffstütze und abstoße“, erklärt Thomas, während er sich von seinen Stöcken wegdrückt und ein paar Meter durch die Loipe gleiten lässt. „Dabei schaffe mia mit die Muschkulatur, wo am stärkschte isch, dem Rumpf.“ Es ist die erste Lektion im klassischen Skilanglauf und eigentlich gar nicht so schwer. Trotzdem muss ich mich höllisch konzentrieren, um die Anweisungen zu verstehen. Als Skilehrer in Graubünden spricht Thomas nur dann Hochdeutsch, wenn jemand ausdrücklich darauf besteht. Und das will ich als einzige Deutsche unter Schweizerinnen lieber nicht.
Zwar hat sich in der Alpenrepublik das Rossignol Women’s Langlauf Festival nach drei Jahren zu einer Art Institution entwickelt, doch anderswo scheint es sich noch nicht herumgesprochen zu haben, dass das zweite Januarwochenende für Frauen eine ideale Möglichkeit bietet, den sanften Wintersport zu erlernen oder zu perfektionieren. Dreieinhalb Tage lang stehen Langlauftraining, Ausflüge, Schneeschuhwanderungen, Power Yoga und Pilates auf dem Programm. Dazu Vorträge über Ernährung, Wellness im Hamam des Festivalhotels und sogar eine Girls Night. Wobei frau in Sachen Après-Ski keine allzu großen Erwartungen haben darf. Im Gegensatz zu St. Moritz ist das Langlaufmekka Lenzerheide noch ein mehr oder weniger beschauliches Bilderbuchdorf. Protagonist ist nach wie vor die Märchenlandschaft auf dem Graubündner Hochplateau. Ringsum grüßen Gipfel wie das 2.575 Meter hohe Stätzerhorn oder das 2.865 Meter hohe Rothorn, von denen rasante Pisten ins Tal führen, unten geht es auf 80 Kilometer präparierten Winterwanderwegen und 52 Kilometer gespurten Loipen durch Wälder und Ebenen.
Beim Begrüßungs-Apéro im Schweizerhof stehen 130 Frauen um mich herum. Überwiegend jung, dynamisch und sportlich sehen sie aus. Ob Madeleine aus Luzern oder Manuela aus der Nähe von Zürich – fast alle sind Schweizerinnen, die mitten im Leben stehen, im Alltag regelmäßig Sport treiben und hoch motiviert sind, hier etwas zu dazuzulernen.
Morgens um 9.30 treffen wir uns zum Warm-up auf dem Skischulsammelplatz. 130 Frauen und eine Skilehrerin, die auf dem Podest steht und sozusagen vorturnt. Aus dem Lautsprecher tönt greller Discosound, während wir von einem Bein auf das andere hüpfen und dabei passend zum Rhythmus die Skistöcke über den Kopf strecken. Es muss ziemlich lächerlich aussehen, aber bei Temperaturen von minus vier oder fünf Grad bleibt einem nichts anderes übrig als Bewegung. Danach verteilen wir uns auf acht oder zehn Langlaufkurse, je nachdem, ob es die klassische oder die Skating-Variante sein soll und welche Vorkenntnisse vorhanden sind. Während die überwiegende Mehrheit zum trendigen Skaten tendiert, finde ich mich in der relativ kleinen Gruppe von Thomas wieder, der die Einführung in den klassischen Langlauf macht.
Erst lässt er uns ein paar Vorübungen machen – zum Beispiel mit einem Ski Fußball oder Handball spielen, was meine Mitstreiterinnen mit erstaunlicher Begeisterung aufgreifen; dann weiht er uns in den Bewegungsablauf ein. Es dauert nicht lange, und wir gleiten durch die Loipe in Richtung Valbella. Nach zwei Stunden sind wir bereits in der Lage zu bremsen, wenn es abwärts geht, und bei leichten Steigungen aufzubretteln.
Nach dem Mittagessen gleiten wir ganz gemächlich auf der Loipe in Richtung Lantsch. Inzwischen können wir die Augen auch schon mal von den Brettern lösen. Der Himmel ist strahlend blau, der Schnee glitzert in der Sonne, hier und da taucht aus dem weißen Pulver eine Holzhütte oder Tanne auf: die reinste Postkartenidylle, der Anblick setzt spürbar Endorphine frei. Am liebsten würden wir jetzt noch ein Stündchen weiterlaufen. Doch um vier Uhr beginnt bereits der Pilates-Workshop. Wir hetzen also von der Loipe in den Plenumsaal des Schweizerhofs, wo zwanzig bis dreißig Gummimatten auf uns warten. Entspannung ist das Motto. Doch wie kann ich entspannen, wenn ich die Instruktionen der Trainerin nicht verstehe? Immerhin begreife ich mit der Zeit, dass sie uns mit „Imma schön schnufe!“ ermahnt, das Atmen nicht zu vergessen.
Abends gibt es die Girls Night. Zugegeben, die Veranstalter haben sich mit der Vorbereitung viel Mühe gegeben, und die legendäre Lärchenlounge des Kurhaushotels, wo früher schon Brigitte Bardot und Gunter Sachs, Horst Buchholz und Paul Kuhn das Tanzbein geschwungen haben sollen, ist eine nette Location.
Aber nach so viel Sport und frischer Luft hält es hier kaum ein Girl länger aus als bis 23 Uhr. Da hatten sich einige Herren, die das Frauen-Event neugierig aus der Ferne beäugten, wohl vergebliche Hoffnungen gemacht?