Obamas Top-General in Kabul

Jahrelang arbeitete Stanley McChrystal im Schatten. Er befehligte „Spezialeinheiten“ in Krisengebieten. Unter anderem war er in Korea, in Saudi-Arabien und im Irak tätig. Dort nahmen seine Leute Sadam Hussein gefangen, töteten 2006 den Anführer von al-Qaida, Abu Mussab al-Sarkawi, und folterten in Gefängnissen.

Seit US-Präsident Barack Obama den 55-jährigen General im Juni 2009 zum Oberkommandierenden der amerikanischen und Nato-Truppen in Afghanistan befördert hat, ist er eine öffentliche Figur geworden. McChrystal schaltet sich aus Kabul per Video in die Morgenkonferenz des Pentagons und gibt Interviews. Darin erklärt er nicht nur seine militärischen Pläne für Afghanistan, sondern gibt auch politische Ratschläge: US-Verteidigungsminister Robert Gates schlägt er einen Strategiewechsel vor, der über die Truppenaufstockung hinausgeht.

An der Heimatfront hat McChrystal Siege davongetragen. Darunter die Verstärkung der US-Präsenz in Afghanistan. Im Kriegsgebiet sind McChrystals Erfolge schwerer zu messen. Dort war 2009 das verlustreichste Jahr des achtjährigen Kriegs: sowohl für die Armeen als auch für die ZivilistInnen. Das Kampfgebiet wurde weiter auf Pakistan ausgedehnt. Ussama Bin Laden, dessen „Tötung oder Gefangennahme“ der General für „den Schlüssel zum Sieg über das Terrornetzwerk al-Qaida“ hält, bleibt unauffindbar.

McChrystal stammt aus einer Militärdynastie. Er ist Sohn eines Generals und Bruder von Soldaten. Aber er ist auch Politiker. Wenn ZivilistInnen bei Militäreinsätzen zu Tode kommen, entschuldigt er sich öffentlich dafür. McChrystal befürwortet Verhandlungen mit „moderaten“ Taliban. Und glaubt dennoch, der Krieg sei zu gewinnen. Falls er zu einer anderen Meinung kommt, werde er das Obama sagen, versichert er. DOROTHEA HAHN