BEI DER KINDERÄRZTIN : Blödsinn mit Tomate
In einem Henkerstempo fahre ich mit der Tochter zur Kinderärztin. Eine Vorsorgeuntersuchung steht an. Es ist der letzte Tag dafür. Ansonsten würde sich das Amt melden und wir müssten deswegen in die Charité.
Wir schaffen es pünktlich und kommen sofort dran. Die Arzthelferin testet Augen und Ohren. Dann kommt die Ärztin und redet eine Weile mit der Tochter. Was sie essen würde. Tomaten ja, Wurst ja, Sauerkraut ja, einfach alles, was ein Blödsinn ist, aber wir müssen in einer Stunde den Sohn und seinen Freund abholen. Also keine Verwicklungen. Ob sie schon ohne Windeln schlafen würde. Auch das bejaht die Tochter. Fahrradfahren ja. Schwimmen ja. Ich unterbreche, dass es mir Leid täte und dass wir eigentlich in Eile wären. Nachts Windel, Laufrad und Plantschen in der Wanne. Ansonsten Trotzphase, alles im grünen Bereich. Die Ärztin lächelt. Die Tochter soll noch etwas malen und Gegenstände benennen. Zum Schluss wird die Tochter gelobt und gefragt, ob sie ein oder zwei Brezeln möchte. Vier, sagt sie.
„Dürfen wir einen Film sehen?“, fragt der Schulfreund des Sohnes. Wir fahren von dem Schülerladen mit den Rädern nach Hause. „Nein“, sage ich, „ihr könnt spielen.“ Doch er hakt nach: „Dürfen wir Süßigkeiten?“ „Nein“, sage ich. Als ich sie abholte, hatten sie eine Tüte Gummibärchen leergemacht. „Was dürfen wir überhaupt?“, mault der Sohn. „Jeder von euch bekommt ein Glas Wasser!“, rufe ich, und das scheint die beiden so zu schockieren, dass sie sich mit den Lenkern verhaken und stürzen. Die beiden stehen wieder auf. „Alles in Ordnung?“, frage ich. „Dürfen wir jetzt Süßigkeiten?“, fragt der Freund. Der Sohn grinst hoffnungsfroh. „Ich glaube“, sage ich, „ich muss jetzt mit euch zum Arzt!“ Die beiden sehen mich aus großen Augen an und sagen dann gleichzeitig: „Nein!“ Und die Tochter, die die ganze Zeit keinen Mucks von sich gab, ruft: „Ja!“ BJÖRN KUHLIGK