: Prozesse gegen Berlusconi auf Eis gelegt
IMMUNITÄTSGESETZ Mit einer neuen „Lex Berlusconi“ verschafft sich Italiens Regierungschef wieder etwas Luft im Streit mit der Justiz. Experten erwarten, dass auch dieses Gesetz vom Verfassungsgericht kassiert wird
ROM taz | Italiens Parlament hat am Mittwoch wieder ein neues Immunitätsgesetz zugunsten Silvio Berlusconis verabschiedet, das dem Ministerpräsidenten erlaubt, die gegen ihn laufenden Prozesse wieder einmal auf Eis legen zu lassen. In einer Vertrauensabstimmung des Senats boxten die Regierungsfraktionen das Gesetz im Handumdrehen und ohne wirkliche Debatte durch.
Erst im letzten Oktober hatte das Verfassungsgericht jenes Gesetz, das Berlusconis Prozesse für die Dauer seiner Amtszeit aussetzte, für verfassungswidrig erklärt. Daraufhin waren zwei Verfahren in Mailand wieder angelaufen, in denen es um Bestechung sowie Steuerbetrug geht. Doch Berlusconi hat einfach keine Lust, sich den Gerichten zu stellen. Dem halfen jetzt die dienstbaren Parlamentarier des Regierungslagers mit dem Eilgesetz ab.
Das neue Gesetz ist Nummer 37 der auf den Ministerpräsidenten und seine Probleme mit der Justiz maßgeschneiderten Gesetze, wie Experten nachgezählt haben. Es sieht vor, dass der Regierungschef und die Minister sich ganz einfach vor Prozessen drücken können, indem es ihnen die „legitime Abwesenheit“ einräumt. Das heißt: Berlusconi kann dem Gericht einfach erklären, wegen seiner Amtsgeschäfte könne er leider die Verhandlungstermine nicht wahrnehmen, schon muss der Prozess gestoppt werden.
Eigentlich ist dieses Gesetz aus doppeltem Grund eine Lachnummer. Erstens hatte Berlusconi in den vergangenen 15 Jahren nie an den Verhandlungen gegen ihn teilgenommen, sondern immer bloß seine Anwälte geschickt; die plötzliche Lust, jetzt bei seinen Prozessen anwesend zu sein, dann aber „leider nicht kommen zu können“, überrascht einigermaßen. Und zweitens rechnen so gut wie alle Experten damit, dass auch dieses neue Gesetz vor dem Verfassungsgericht scheitern wird.
Aus Berlusconis Sicht macht das aber gar nichts. Wie schon die vorherigen Paragrafenwerke wird es dann nämlich schon seinen Zweck erfüllt haben: die Prozesse gegen den Premier erneut auf Monate zu blockieren. Monate, die die Regierungsmehrheit erklärtermaßen dazu nutzen will, jetzt per Verfassungsänderung ein wasserdichtes Immunitätsgesetz durchzubringen. Und wenn es nach Berlusconi geht, soll endlich die Justiz in einer Weise „reformiert“ werden, die weitere Nachstellungen unbotmäßiger Staatsanwälte gegen den Regierungschef auf Dauer ausschließt. MICHAEL BRAUN