: Hamburg, nein danke
Der Streik an den sechs Unikliniken ist wieder in vollem Gange. 3.000 Beschäftigte demonstrieren in Düsseldorf für einen Tarifvertrag. Ver.di: Hamburger Kompromiss ist „nicht auf NRW übertragbar“
VON DIRK ECKERT
38,5 Stunden für alle – davon wollen die Beschäftigten der NRW-Unikliniken nicht abrücken. Gestern sind rund 3.000 Beschäftigte in die Landeshauptstadt Düsseldorf gefahren, um gegen NRW-Finanzminister Helmut Linssen (CDU) zu protestieren. Vor dem Finanzministerium forderten sie abermals die Gleichstellung mit ihren Kolleginnen und Kollegen in den kommunalen Kliniken in NRW. „Das waren mehr als wir erwartet haben“, freute sich Ver.di-Sprecher Jörg Verstegen: „Die Leute sind streikbereit.“ Erst am Dienstag und Mittwoch war an den sechs Unikliniken der Streik wieder aufgenommen worden. Wegen Karneval hatten die Gewerkschafter eine Streikpause eingelegt (taz berichtete).
Die Fronten im NRW-Tarifstreit sind damit unverändert verhärtet. Denn Finanzminister Linssen setzt nach wie vor auf die 40-Stunden-Woche. Auch gestern rückte er nicht von seiner Haltung ab, wonach die Kliniken nicht selbstständig Tarifverträge aushandeln dürften. Ver.di fordert einen eigenen Tarifvertrag für die Unikliniken, die seit 2001 selbstständig sind. Linssen argumentiert dagegen, dass die Kliniken per Erlass an das Ländertarifrecht gebunden seien. Gewerkschaft und die Tarifgemeinschaft deutscher Länder (TdL) handeln derzeit ebenfalls einen neuen Tarifvertrag aus, das nächste Treffen ist für den 10. März angesetzt.
Auch der diese Woche in Hamburg erzielte Tarifabschluss bringt bislang keine Bewegung in die Arbeitszeitdebatte an Rhein und Ruhr. In der Hansestadt hatten sich Gewerkschaft und kommunale Arbeitgeber darauf geeinigt, die Arbeitszeit nach Alter und Gehalt zu staffeln. Im Durchschnitt aller betroffenen Beschäftigten bleibt die Arbeitszeit damit unter 39 Stunden. Ver.di in NRW reagierte darauf zurückhaltend: Da die Personalstruktur anders sei, könnte das Hamburger Modell in NRW zu einer längeren Durchschnittsarbeitszeit führen, fürchtet Sprecher Verstegen. Sein Fazit: „Das ist kein Modell, das auf NRW übertragbar ist.“
Auch die Länder lehnen den Hamburger Kompromiss ab. „Es gibt überhaupt gar keinen sachlichen Grund, die Arbeitszeit nach Gehaltsstufen und Alter zu splitten“, sagte der TdL-Verhandlungsführer, der niedersächsische Finanzminister Hartmut Möllring (CDU), gestern im Deutschlandfunk. „Das ist erstens zu bürokratisch und zweitens wird das auch nicht als gerecht empfunden von den Beschäftigten.“
Unterstützung bekamen die Beschäftigten der Unikliniken gestern von der SPD – zumindest, was die Forderung nach einem eigenen Tarifvertrag angeht: „Wer die Unikliniken als Anstalten des öffentlichen Rechts vom Land unabhängig macht und damit aus geltenden Tarifverträgen aussteigt, muss auch eigenständige Tarifverhandlungen zulassen“, erklärte die stellvertretende Landesvorsitzende Birgit Fischer. Sie warf NRW-Finanzminister Linssen vor, die Tarifautonomie zu blockieren.