piwik no script img

Archiv-Artikel

Neukölln ist kein Ort für Nazis

AKTIONSTAG Nach zahlreichen Anschlägen auf linke Läden und Projekte rufen diese die Anwohner zur Solidarität auf – und organisieren am Samstag den „Langen Tag gegen Nazis“

Das Anti-Nazi-Programm

■ Der „Lange Tag gegen Nazis“ am morgigen Samstag ist für jeden offen und kostenfrei. Die meisten Veranstaltungen finden in Nordneukölln statt. Eine Auswahl:

■ 12 Uhr: Brunch im Salvador-Allende-Club (Jonasstraße 29)

■ 13 Uhr: Antifaschistischer Stadtrundgang durch Neukölln, Treffpunkt: Salvador-Allende-Club

■ 17 Uhr: Diskussion zu Antifaschismus in der Lunte (Weisestr. 53)

■ 19 Uhr: Anti-Nazi-Rallye im Syndikat (Weisestr. 56)

■ 20 Uhr: Kneipenabend „Kein Frühling für Nazis!“ in der Galerie Peppi Guggenheim

■ Das komplette Programm gibt es im Internet unterwww.neukölln-gegen-nazis.de

VON SEBASTIAN KEMPKENS

Der Kaktus ist das neue antifaschistische Symbol, sein Grün wird die neue Farbe gegen rechts. Geht es nach der Kampagne „Kein Ort für Nazis“ könnte schon bald ganz Neukölln mit grünen Kakteen übersät sein. Ab Samstag will die Kampagne, ein Bündnis Neuköllner und Kreuzberger Initiativen, Wimpel mit dem stacheligen Anti-Nazi-Icon an Neuköllner Läden verteilen – und damit den „Langen Tag gegen Nazis“ einläuten. Ab 12 Uhr laden linke Läden und Projekte zu Ausstellungen, Filmvorführungen und Diskussionen in Nordneukölln und in Kreuzberg. „Wir wollen an dem Tag zeigen, welches Ausmaß die Anschläge aus rechtem Milieu angenommen haben“, sagt Mitorganisator Jakob Kordon.

In den vergangenen Monaten war es in einigen Bezirken vermehrt zu Übergriffen auf linke Läden gekommen. Der Neuköllner Norden war dabei besonders betroffen. Allein der Chile-Freundschaftsverein Salvador Allende meldete dreimal eingeworfene Scheiben, auch einige Galerien, die linksalternative Werkstadt und das Parteibüro der Grünen waren betroffen.

Inzwischen gibt es allerdings auch Meldungen aus anderen Bezirken: Beim Parteibüro der Linken in Reinickendorf und beim linken Buchladen Schwarze Risse in Prenzlauer Berg wurden vor Kurzem ebenfalls Scheiben zerstört. Da sich alle Angriffe gegen Läden und Projekte richteten, die sich gegen Rechtsextremismus engagieren, gehen die Betroffenen von rechtsradikaler Motivation aus. Vielfach hinterließen die Täter auch rechtsradikale Schmierereien beziehungsweise rechte Internetadressen.

Für einige Einrichtungen sind die Angriffe sogar existenzbedrohend. Beim Salvador-Allende-Club etwa droht die Versicherung abzuspringen. Allein könne man die Reparatur der Scheiben kaum bezahlen, heißt es.

Auch deshalb hat die im Dezember gegründete Kampagne „Kein Ort für Nazis“ zu dem Aktionstag aufgerufen, der ausdrücklich keinen parteilichen Hintergrund hat. „Wir wollen mit den Einnahmen auch die Kosten der Sachschäden auffangen, die die Anschläge der Neonazis verursacht haben“, sagt Kordon. Alle Veranstaltungen sind von Projekten oder betroffenen Läden organisiert, alle Anwohner sind eingeladen sich zu beteiligen.

Da ein Großteil der Übergriffe in Neukölln stattgefunden hat, werden dort auch die meisten Projekte ihre Türen öffnen. Den Auftakt macht um 12 Uhr der Salvador-Allende-Club mit einem offenen Brunch. Anschließend gibt es ausgehend vom Salvador-Allende-Club ab 13 Uhr einen antifaschistischen Stadtrundgang durch Neukölln, bei dem eine Historikerin Orte des Widerstandes gegen den Nationalsozialismus vorstellt. Im Stadtteilladen Lunte findet nachmittags ab 17 Uhr eine Diskussion zu Antifaschismus in Neukölln statt. Ausklingen lassen kann man den Tag zum Beispiel bei der Cartoon-Ausstellung „In the Führers Face“ in der ORi-Bar oder bei einem Tanz- und Kurzfilmabend im Kreuzberger Café Tante Horst.