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Archiv-Artikel

„KNIGHT RIDER“, KABELANSCHLUSS, RTL PLUS, „TUTTI FRUTTI“, ABHÄNGIGKEIT, WURZELCHEN Willkommen im Mettmann-Leben

DAVID DENK

Aus aktuellem Anlass möchte ich in dieser Kolumne auch mal den alten Knacker raushängen lassen, der in Jugenderinnerungen schwelgt: Also, es war einmal, als ich noch klein war, Kohl noch ewig Kanzler und die Fernbedienung unseres Fernsehers noch an einem Kabel hing, da bekniete ich meine Mutter, doch auch mal diese neue Sendung gucken zu dürfen, über die in der Schule alle sprachen: Knickt Rieder – mein Englisch war, wie Sie sehen, schon damals auf dem Niveau manch eines Spitzenpolitikers. „Ein Mann und sein Auto kämpfen gegen das Unrecht“ – das war mal ein Sujet nach meinem Geschmack. Meine Mutter leistete kaum Widerstand: Ich durfte. Damit war ich verloren.

Unsere Reihenhaussiedlung war gerade erst verkabelt worden – ein Entwicklungssprung, wie ich ihn vorher nicht erlebt hatte und seitdem auch nie wieder. Der erste Internetanschluss war nichts dagegen. Noch nicht mal DSL und die damit verbundenen Downloadmöglichkeiten kamen da ran. Eine Revolution pro Leben reicht ja auch. Mehr verträgt doch kein Mensch.

Die plötzliche Senderfülle mit all diesen verheißungsvollen Fenstern in die große weite Welt, allen voran natürlich in die USA, machte mich endgültig fernsehabhängig: Buden bauen, auf Bäume klettern, Fahrradtouren machen – ohne mich! Ich blieb lieber zu Hause und guckte anderen zu, wie sie Abenteuer erlebten: Michael Knight und seinem treuen Gefährt K.I.T.T., dem „A-Team“, dem Stuntman für alle Fälle, Colt Seavers, der „Agentin mit Herz“, dem „Trio mit vier Fäusten“, „Remington Steele“ und natürlich dem Millionärsehepaar Jonathan und Jennifer Hart samt Butler Max in „Hart aber herzlich“ (Ja, ja, werden jetzt die ganz Schlauen einwenden, die meisten dieser Serien liefen auch schon vorher bei den Öffentlich-Rechtlichen, in meiner Erinnerung – und nur darum geht es ja hier – sind sie untrennbar mit dem Privatfernsehen verknüpft – mit RTL plus, Sat.1 und später ProSieben). Mit dem Privatfernsehen trat auch die Anarchie in mein Mettmann-Leben.

Die wohlsortierte, kleinbürgerliche Welt des „Landarztes“ und der „Wicherts von nebenan“ (zwei ZDF-Serien, die ich auch gern geguckt habe – eigentlich habe ich alles gern geguckt) wurde konterkariert von Tortenschlacht und Gaga-Talk bei „Alles nichts oder?!“, mit dem „Heißen Stuhl“ sowie nackten Tatsachen in 70er-Jahre-Softpornos und bei „Tutti Frutti“. Auch später bei „Notruf“ mit Hans Meiser saß ich meistens vor dem Fernseher und auch bei – eine Zeit lang, warum auch immer, mein Lieblingsformat – „Schreinemakers Live“. So ist das mit uns Fernsehkindern: Wenn wir einmal anfangen, über die Sendungen unserer Kindheit zu reden, sprudelt es nur so aus uns raus, sind wir kaum zu stoppen. Auch wenn ich froh bin, heute auch mal gelegentlich vor die Tür zu kommen, weckt die bloße Erwähnung all dieser Namen immer noch zärtliche Gefühle in mir. Wir hatten eine schöne Zeit miteinander. Und so naiv das vielleicht klingt, seitdem bin ich der Überzeugung: Wer weiß, was der „Turbo Pursuit Mode“ ist oder wer „Wurzelchen“, kann kein wirklich schlechter Mensch sein.

Auch wenn ich heute das Gefühl habe, dass die Privatsender kaum (noch) Programm für mich machen, tue ich mich daher wahrscheinlich auch schwer mit Pauschalkritik: Um es durchweg dümmlich und verdorben zu finden, habe ich dem Privatfernsehen zu viele schöne Stunden zu verdanken. Doch wir haben uns auseinandergelebt – was mir deutlich besser bekommen ist als dem Privatfernsehen.