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Archiv-Artikel

Der Verkünder der frohen Wirtschaftsbotschaft

Die Kreuzigung liegt hinter den Deutschen, sagt Werbefachmann Bernhard Fischer-Appelt. Ab Ostern gehe es mit der Konjunktur aufwärts

INTERVIEW KLAAS JARCHOW

taz: Herr Fischer-Appelt, Sie und zwei weitere PR-Agenturen haben im vergangenen Herbst unser Land mit dem Motto DU BIST DEUTSCHLAND überfallen. Was sollte diese frohe Botschaft?

Fischer-Appelt: Wir wollten weg von der Jammermentalität. Der Erfolg war groß, es hat viele Diskussionen gegeben, und im Endergebnis ist die Stimmung in Deutschland deutlich besser, als sie vor einem Jahr war. Das liegt nicht nur an der Kampagne, aber vielleicht hat die Kampagne auch ein bisschen geholfen.

Woran lesen Sie ab, dass die Stimmung besser geworden ist?

Es geht in Richtung Handeln, Reformen und Zukunftsentwicklung: Wir wollen etwas verbessern. Das sieht man auch auf der Unternehmensseite. Die meisten deutschen Unternehmen, gerade die großen, haben ihre Restrukturierung im Wesentlichen hinter sich und sind hervorragend aufgestellt für die Zukunft.

Restrukturierung heißt immer auch Entlassung. Wie soll sich denn der Einzelne, wie sagten Sie, restrukturieren?

Ich glaube, dass es für jeden wichtig ist, sich nicht nur auf Gewohntes, sondern auf Neues zu orientieren. Der Wandel muss Gewohnheit werden: immer wieder was Neues machen, sich auf Veränderungen einlassen, auch wenn diese schmerzhaft sind, sie nicht nur zu beklagen, sondern auch als Chance zu erkennen.

Stichwort Globalisierung: Die großen deutschen Unternehmen sind schon lange Global Player, für die ist der Slogan DU BIST DEUTSCHLAND doch anachronistisch, oder?

Nein, auch für diese Unternehmen bleibt Deutschland wichtig, ganz einfach, weil an diesem Standort hoch qualifizierte Menschen leben. Davon haben wir in Deutschland sehr viele und das ist ein absolut wichtiger Standortfaktor. Für uns alle ist es von immenser Bedeutung, dass wir Unternehmen mit Sitz in Deutschland haben, die auf der Weltrangliste ganz weit oben stehen.

Wohin geht denn gerade die Reise für die deutsche Wirtschaft?

Wir werden kein Land sein, in dem die produzierende Industrie ganz enorm stark ist, sondern wir werden hier globale Zentralen haben und uns mehr auf Forschung, Entwicklung und Gestaltung konzentrieren. Das sind Felder, wo wir gut sein können, auf denen zum Beispiel China stark aufholt, wir uns im Wettbewerb aber bewähren können.

Und in China machen Ihre Kollegen die Kampagne „Wir sind China“.

(lacht) Ich glaube, dass die zu beschäftigt sind mit Arbeiten und Wachsen. China bräuchte so eine Kampagne aus anderen Gründen als wir. China ist ein extremer Vielvölkerstaat und hat sehr viele Sprachen. Dieses Land zusammenzuhalten ist in der Tat eine besondere Herausforderung.

Ihre Heroen sind Zetsche, Wiedeking, Ricke, die Manager der großen Unternehmen wie DaimlerChrysler, Porsche, Telekom u. a. Warum pflegen Sie diese Neigung?

Wir müssen wieder stärker erkennen, dass gerade die großen Unternehmen eine enorm prägende Kraft für dieses Land haben. In Amerika lösen Unternehmen wie Google und amazon den Aufbruch aus, prägen das Land ökonomisch. Bei der Telekom und anderen vergleichbaren deutschen Unternehmen müsste es genauso sein. Sie müssen den Weg weisen, wohin die wirtschaftliche Entwicklung geht.

Und Ihr Job ist es, die notwendigen Maßnahmen geschickt zu verpacken.

Unsere Arbeit hat in erster Linie etwas mit Effizienz zu tun, mit dem erfolgreichen Realisieren von Dingen. Es geht immer um Inhalt und Darstellung zugleich. Vereinfachte Darstellung von komplexen Inhalten hilft manchmal auch dabei, das Produkt gut zu machen.

Sehen Sie höheren Beratungsbedarf in der Wirtschaft oder in der Politik?

Ich sehe unterschiedlichen Bedarf. In der Politik hat die Kommunikation mit der Öffentlichkeit eine hohe Wichtigkeit, weil die großen Reformvorhaben alle noch anstehen. Wenn die Reformen nicht vernünftig erklärt werden, werden sie garantiert nicht funktionieren. In der Wirtschaft gibt es andere Herausforderungen, vielleicht häufiger pragmatischer Art.

Welche Bedeutung hat die morgige christliche Osterbotschaft für Deutschland?

Die Kreuzigung liegt hinter uns. Das zu verstehen, kann eine große Befreiung sein im Leben. Und zwar deshalb, weil unsere Aufgabe im Leben letztlich nicht ist, uns allzu große Sorgen um die Zukunft zu machen, sondern das verantwortlich zu gestalten, was uns anvertraut ist.

Was halten Sie von einem Slogan für die Kirche „Wir sind Ostern?“

Das trifft den Nagel auf den Kopf. Denn Ostern ist das zentrale Moment im christlichen Jahr, es ist gleichzeitig Ausgangspunkt und Ende, und hier wird alles symbolisch, worum es im Glauben geht.

Fotohinweis: BERNHARD FISCHER-APPELT, 40, Volkswirt und Politologe, ist geschäftsführender Gesellschafter der Agenturgruppe fischerAppelt, einer der größten deutschen PR-Agenturen. fischerAppelt Kommunikation wurde im Jahr 2005 zum begehrtesten Arbeitgeber seiner Branche gewählt. Bernhard Fischer-Appelt ist außerdem Kirchensynodaler. In seinem letzten Buch „Die Moses-Methode“ fordert er mehr langfristiges Denken in Unternehmen, Institutionen und Politik.