: „Vorurteile gegen die FDP“
DISKUSSION Wolfgang Gerhardt skizziert eine liberale Sozialpolitik zwischen „Freiheit und Fairness“
■ Vorstandsvorsitzender der Friedrich-Naumann-Stiftung, war bis 2006 Chef der Bundestags-FDP
taz: Herr Gerhardt, der erste Satz Ihrer Vortragsankündigung für heute Abend lautet: „Ohne Befreiung von Not kann niemand an der Freiheit teilhaben.“ Das klingt nach einer Absetzbewegung von einer FDP à la Westerwelle.
Wolfgang Gerhardt: Diesen Satz findet man in jedem meiner Vorträge seit über zehn Jahren. Er drückt ganz einfach Hilfsbereitschaft gegenüber Menschen aus, die in Not geraten sind. Er ist eine bare Selbstverständlichkeit und keine Absetzbewegung.
Sie sagen auch: „Ein freiheitlicher Staat wird denen, die wirklich Hilfe brauchen, Brücken bauen.“ Das setzt doch schon andere Akzente als die Prognose eines durch „spätrömische Dekadenz“ verursachten wirtschaftlichen und gesellschaftlichen Trümmerfeldes.
Die Pflege der Vorurteile gegen die FDP ist mir seit Jahren gegenwärtig. Sozialpolitik besteht aber nicht nur im Geld verteilen, sie muss es vor allem schaffen, Menschen ein Angebot zu machen, sich aus schwierigen Lagen wieder herauszuarbeiten. Darauf wird man in Deutschland leider nicht trainiert. Darauf kommt es aber an.
Als ehemaliger stellvertretender Ministerpräsident von Hessen sind Sie sozusagen ein halber Amtsvorgänger von Roland Koch. Hat Sie dessen Rücktritt überrascht?
Nein. Ich hatte irgendwann eine solche Entscheidung von Roland Koch erwartet. Seine Begründung dafür ist überzeugend. Respekt. Interview: HENNING BLEYL
„Für Freiheit und Fairness – was jetzt zu tun ist!“: Vortrag und Diskussion mit Wolfgang Gerhardt. 19.30 Uhr im Presseclub, Im Schnoor 27-28