portrait : Siegreiche „Erfurter Puffbohne“
Der Generationswechsel im Erfurter Rathaus fällt ins Auge: Ein amtsmüder und zuletzt auch durch CDU-interne Ränkespiele zermürbter fast 60-jähriger Manfred Ruge weicht einem jungen SPD-Strahlemann. Andreas Bausewein, der gerade erst seinen 33. Geburtstag feierte, könnte uns auch als Held von einem Filmposter entgegenlächeln und hat zwei kleine Töchter im Kindergartenalter. Mit 60,2 Prozent bei der OB-Stichwahl fiel sein Wahlsieg nicht minder strahlend aus.
Seinem Vorgänger bescheinigte Bausewein übrigens stets, „viel Gutes für die Stadt“ getan zu haben, in der der neue OB auch geboren und aufgewachsen ist. Eine original „Erfurter Puffbohne“, wie die Eingeborenen sagen. Als bodenständig haben ihn die Leute erlebt, als einen, der die Bäckereien und Fußballfelder der Stadt kennt, der noch nicht abgehoben hat und einen alten Toyota fährt.
Eingeschult wurde er 1979 an jener Gutenberg-Schule, die 2002 durch das Massaker eines einstigen Schülers auf schreckliche Weise bekannt wurde. Bausewein erlangte seine Hochschulabschlüsse erst spät auf dem zweiten Bildungsweg. Nach einer Lehre als Elektroinstallateur, der Fachoberschule, einem Sozialarbeiter- und einem Aufbaustudium erhielt er 2002 sein zweites Diplom als Pädagoge. Als solcher arbeitete er nur kurz im Strafvollzug, denn schon 2004 zog er in den Thüringer Landtag ein.
Straffer vollzog sich sein politischer Aufstieg. Als 17-Jähriger schloss er sich 1990 den Sozialdemokraten an. Vier Jahre später saß er im Landesvorstand, 1995 wurde er Juso-Landeschef. 1998 avancierte er zum SPD-Landesvize. In der Landtagsfraktion fungierte er als Sprecher für Wissenschaftspolitik, kritisierte den Thüringer Hochschulpakt und setzte sich für eine Bildungsreform ein.
Kommunalpolitisch äußerte er sich erst als OB-Kandidat häufiger, u. a. zum Postenschacher bei den Erfurter Stadtwerken. Rein zufällig wurden drei Tage vor der Stichwahl Stasi-Vorwürfe gegen ihn anonym an Thüringer Zeitungen lanciert. Noch minderjährig, soll Bausewein angeblich als Zuträger für die der Staatssicherheit nahe stehende Polizeiabteilung K1 gearbeitet haben. Doch die Thüringer Presse verkniff sich fairerweise eine Publikation. Der Angegriffene nannte die Vorwürfe „frei erfunden“ und will sie durch die Birthler-Behörde klären lassen. In einem Zeitungsfragebogen gab Bausewein als sein wichtigstes politisches Ziel die „Arbeit vor Ort gegen die verbreitete Politikverdrossenheit“ an. In seiner Wünscheskala folgen direkt der Fußball-WM-Titel für Deutschland und ein SPD-Ministerpräsident in Thüringen. Ob der einmal Bausewein heißen könnte, sagte er nicht. MICHAEL BARTSCH