: Jeden Tag ein neues Türchen
Der Adventskalender als Aktionsform gegen die Wohnungsnot – jeden Tag gibt es neue Aktionen und Informationen und, wer weiß, vielleicht auch eine Hausbesetzung?
■ Donnerstag, 12. Dezember
Infoveranstaltung mit Lichtprojektionen an der Hausfassade der zwangsgeräumten Wohnung in der Lausitzer Straße 8, 17.30 Uhr
■ Donnerstag, 12. Dezember
„Es betrifft uns alle“, Diskussion mit Kotti und Co über die Übernahme der GSW durch die Deutsche Wohnen, 19 Uhr, Cafe Südblock, Admiralstraße 1
■ Sonntag, 15, Dezember
„Wir sind alle Oranienplatz und Wir bleiben Alle!“, Demonstration, 15 Uhr Oranienplatz
■ Montag, 16. Dezember
Lieder aus den Zeiten der Hausbesetzungen, 19 Uhr im Gecekondu am KottbusserTor
■ Online-Adventskalender
Besinnliche Feiertage? Von wegen! In Berlin ruft die Initiative „Recht auf Wohnen“ in der Vorweihnachtszeit zur Besetzung leer stehender Wohnungen auf. Sie protestiert damit gegen die Wohnungsnot in der Stadt. Wie Helena von der Initiative erklärt, sei es nicht länger hinzunehmen, dass immer mehr Menschen keine Wohnung in Berlin finden. Zugleich prangert die Initiative an, dass Eigentümer_innen Wohnungen bewusst leer stehen lassen, um sie später zu höheren Preisen vermieten zu können. „Wir betrachten Besetzungen als ein probates Mittel, sich gegen die Verschärfung der Wohnsituation zur Wehr zu setzen“, sagt Helena.
Das die Lage auf dem Berliner Wohnungsmarkt angespannt ist, belegen erneut aktuelle Zahlen. In der vergangenen Woche veröffentlichte das Deutsche Institut für Wirtschaftsforschung eine Studie, aus der hervorgeht, dass die Mieten in Berlin seit 2010 jährlich um 8 Prozent gestiegen sind – so viel wie in keiner anderen deutschen Großstadt.
Und zugleich gibt es in Deutschland immer mehr Menschen ohne Wohnung. Jüngste Schätzungen der Bundesarbeitsgemeinschaft Wohnungslosenhilfe e. V. haben ergeben, dass sich die Zahl der Wohnungslosen seit 2010 um 15 Prozent auf 284.000 erhöht hat. Als einen der Gründe für die Entwicklung nennt der Verband auf seiner Internetseite das „extreme Anziehen der Mietpreise in den Ballungsgebieten.“ Aber auch das „unzureichende Angebot an preiswertem Wohnraum“ und die „Verarmung der unteren Einkommensgruppen“ seien Ursachen des Problems.
Mit einem Online-Adventskalender werben die Aktivist_innen von „Recht auf Wohnen“ für ihre Idee. Unter dem Motto „Jeden Tag ein Türchen – Warum Besetzungen jetzt?“ gibt es seit 1. Dezember Aktionen, Veranstaltungen und Textbeiträge rund um die Themen Wohnungsnot und Besetzung. Auch für die nächsten Tage ist einiges geplant: Heute Abend soll es ab 17.30 Uhr Projektionen an der Hausfassade der im Februar zwangsgeräumten Wohnung in der Lausitzer Straße 8 geben, ab 19 Uhr lädt danach die Mieter_innengemeinschaft „Kotti & Co“ zu einer Informationsveranstaltung in den Südblock.
Die Initiative Recht auf Wohnen hat sich anlässlich des europaweiten Aktionstags „Recht auf Wohnen und die Stadt“ gegründet, der am 19. Oktober stattfand. Die Initiative ist ein Zusammenschluss von Mieter_innen und Wohnungslosen. Die Idee, unbewohnte Wohnungen zu besetzen, betrachtet Helena als nicht so revolutionär, wie sie auf den ersten Blick erscheinen mag. In anderen Ländern sei das gängige Praxis, sagt die Aktivistin.
In ihrem Adventskalender hat die Initiative dafür einige Beispiele aufgeführt: In der katalanischen Stadt Salt halten mehrere Familien seit März 2013 ihren Wohnblock besetzt, der eigentlich geräumt werden sollte; auch in Frankreich besetzen wohnungslose Familien seit den 90ern leer stehende Wohnungen. Diesen Vorbildern folgend, will „Recht auf Wohnen“ Besetzungen auch in Deutschland wieder populär machen. „Wenn es nicht anders geht, müssen eben radikale Mittel eine Lösung sein“, sagt Helena.
Einen ersten Erfolg kann die Initiative bereits verzeichnen: Wie Helena berichtet, haben sie der Geschäftsführerin des Berliner Liegenschaftsfonds einen Wunschzettel mit Forderungen überreicht. Mit dabei waren Studierende, wohnungslose Familien aus Rumänien und UnterstützerInnen von bedrohten Alternativprojekten, den Wagenplätzen Schwarzer Kanal und Rummelplatz, sowie von dem Jugendklub Kirche von Unten.
Gefordert wurde unter anderem, dass der Rummelplatz nicht umziehen muss, der Schwarze Kanal neue Verträge erhält und Familien aus Rumänien leer stehende Gebäude des Liegenschaftsfonds beziehen können. Möhring erklärte sich daraufhin bereit, mit den Aktivist_innen zumindest in Teilen über ihre Forderungen zu sprechen. Wie die Pressesprecherin Irina Dähne bestätigt, wolle Möhring mit den Aktivist_innen auf jeden Fall über den Rummelplatz und den Schwarzen Kanal sprechen. „Wir freuen uns über das Angebot, damit ist ein erster Schritt getan“, sagt Helena.
Wer beim Adventskalender mitmachen möchte, kann eigenen Aktionen anmelden oder Fotos von leer stehenden Wohnungen samt Adresse an die Gruppe schicken. Ob es tatsächlich Besetzungen bis Weihnachten geben wird, bleibt abzuwarten. Die Aktivist_innen wollten sich nicht dazu äußern. LUKAS DUBRO