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Archiv-Artikel

Strecken für Busse und Bahnen im Angebot

Die EU will Kommunen verpflichten, ihren ÖPNV auszuschreiben. Bundesverkehrsminister Tiefensee ist dagegen

BERLIN taz ■ Die Öffentlichen Verkehrsbetriebe in Deutschland sind in Sorge. Denn wenn sich die EU-Kommission heute bei einem Treffen der europäischen Verkehrsminister in Luxemburg durchsetzt, droht eine Zerschlagung des derzeitigen Bus- und Bahn-Systems. Das befürchtet zumindest Bundesverkehrsminister Wolfgang Tiefensee (SPD). Doch diese Sicht der Dinge ist umstritten.

Das Problem: Die EU-Kommission will für mehr Wettbewerb im Öffentlichen Personennahverkehr (ÖPNV) sorgen. Deshalb sollen die Kommunen künftig den Betrieb ihrer Bus- und Bahnlinien grundsätzlich europaweit ausschreiben. Das ist auch jetzt schon möglich. Allerdings dürfen die Städte den Verkehr auch direkt vergeben. Die EU-Kommission will das zukünftig nur noch zulassen, wenn die Städte „beherrschenden Einfluss“ auf die Unternehmen haben, also zum Beispiel bei städtischen Verkehrsbetrieben.

Viele Kommunen haben sich aber zu Verkehrsverbünden zusammengeschlossen. So zum Beispiel im Ruhrgebiet, wo rund 30 Verkehrsbetriebe den Verkehrsverbund Rhein-Ruhr bilden. Solche Verkehrsverbünde dürften nach den Plänen der EU Aufträge nicht mehr direkt vergeben, wohl aber die einzelnen Kommunen. Das könnte zu Problemen bei allen Linien führen, die Stadtgrenzen überschreiten, sagt Reiner Metz, Geschäftsführer ÖPNV beim VDV, dem Verband deutscher Verkehrsunternehmen. Hinzu kommt die Sorge, dass die rund 1.100 kleineren privaten Unternehmen bei den Neuregelungen auf der Strecke bleiben, warnt Verkehrsminister Tiefensee. Denn selbst kleine Bus-Transporte von Schülern auf kurzen Strecken müssten ausgeschrieben werden. Man wolle aber nicht von den Global Players im Verkehrssektor dominiert werden. Die neue Regelung bringe keine Vorteile für Deutschland.

Das sieht zum Beispiel der Verkehrsclub Deutschland (VCD) ganz anders. „Es herrscht viel Intransparenz auf dem Markt, auf dem viele Verkehrsbetriebe gut verdienen“, sagt Verkehrsreferent Michael Müller. Ein „kontrollierter Wettbewerb“, in dem der Ausschreiber bestimmte Standards festlegt, könne für mehr Transparenz und Effektivität sorgen. Dies zeigten Beispiele aus Skandinavien. Müller hält auch Verkehrsverbünde nicht für gefährdet. Er verweist auf das Beispiel Hessen, wo bereits Ausschreibungspflicht herrsche.

Ebenfalls für den EU-Vorschlag ist die Veolia-Verkehr GmbH, die frühere Connex. „Wettbewerb schadet Mittelständlern nicht“, sagt Sprecher Andreas Winter. Diese seien im Gegenteil „oft besonders flexibel“. VCD-Referent Müller sieht zum Beispiel die Möglichkeit, dass kleinere Betriebe bei Ausschreibungen kooperieren und dann Verkehre übernehmen, die für große Unternehmen weniger interessant sind. STEPHAN KOSCH