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Archiv-Artikel

„Mein Kampf“ auch ohne Seehofers Segen

GESCHICHTE Bayern steigt aus Finanzierung von wissenschaftlicher Edition aus und will das Hitler-Buch weiterhin verbieten. Das Institut für Zeitgeschichte lässt man aber gewähren

Eine Buchplattform bietet das Werk 1.020-mal an, von 2,52 bis 7.288,85 Euro

BERLIN taz | Eine wissenschaftliche Edition von Adolf Hitlers Buch „Mein Kampf“ wird trotz Intervention der Bayerischen Staatsregierung erscheinen. Entgegen ersten Erklärungen von Ministerpräsident Horst Seehofer (CSU) will man das Münchner Institut für Zeitgeschichte (IfZ), das mit der Herausgabe betraut ist, gewähren lassen, sagte Kultusminister Ludwig Spaenle. Weitere Gelder aus Bayern für die Publikation wird es jedoch nicht geben. Bis jetzt hatte der Freistaat das Projekt mit 500.000 Euro direkt bezuschusst.

Wer auf der Internetbuchhandelsplattform abebooks.com Hitlers Propagandaschrift bestellen will, dem stehen 1.020 Angebote zur Auswahl – angefangen vom Billignachdruck für 2,52 Euro bis zur Prachtausgabe, die 7.288,85 Euro kosten soll. Im Internet kursieren mehrere Ausgaben. Doch auf dem deutschen Buchmarkt sucht man das Machwerk bisher vergeblich. Das bayerische Finanzministerium, das die Urheberrechte hält, verbietet den Nachdruck. Und dabei soll es bleiben – obwohl das Urheberrecht im Jahr 2015 ausläuft.

Auch danach werde Bayern gegen jede Veröffentlichung vorgehen, sagte Innenminister Joachim Herrmann (CSU). Eine Sprecherin des Instituts für Zeitgeschichte wollte das jedoch nicht für die wissenschaftliche Edition verstanden wissen. „Der Vorwurf der Volksverhetzung ist schon anhand der Aufmachung des Buches durchbrochen“, sagte sie der taz. Die Edition wird den Urtext zwar beinhalten, dieser wird aber wissenschaftlich erschlossen und entsprechend mit Fußnoten versehen. Von der Entscheidung Bayerns sei man „völlig überrascht“ worden.

Auch die Finanzierung steht. Das IfZ wird die Herausgabe mithilfe seiner Haushaltsmittel ermöglichen. Diese kommen zu je 50 Prozent vom Bund und von den Ländern. So wäre Bayern indirekt doch beteiligt. Die Veröffentlichung ist für 2015 geplant.

Seehofer hatte erklärt: „Ich kann nicht einen NPD-Verbotsantrag stellen, und anschließend geben wir sogar noch unser Staatswappen her für ‚Mein Kampf‘ – das geht schlecht.“ Allerdings ist es nicht üblich, dass IfZ-Veröffentlichungen mit dem bayerischen Löwen geziert sind. Seehofers Entscheidung war in Fachkreisen auf Kopfschütteln gestoßen. KLAUS HILLENBRAND