: Frondienst an der Klinik
betr.: „Standesdünkel kommt vor dem Fall“
Nach dem Studium während des „Praktischen Jahres“ unentgeltlicher Frondienst in der Klinik, danach noch mal 18 Monate für 1.000 Euro netto als „Arzt/Ärztin im Praktikum“ (mittlerweile abgeschafft), dann 1.800 Euro netto Grundgehalt, um sich in Zeitverträgen innerhalb der nächsten 3 bis 7 Jahre unter feudalen Abhängigkeiten innerhalb der Ärzteschaft eine Facharztqualifikation zu erknechten, Arbeitgeber und Gesetzgeber, die dauerhaft unentgeltliches Arbeiten erzwingen und Arbeitszeiten unter Missachtung geltenden Arbeitsrechts anordnen bzw. dulden – von dieser frühkapitalistischen Ausbeutung profitiert haben Arbeitgeber und Chefärzte.
Die Mehrheit von ihnen würde die Ausbeutung ungeniert weiterbetreiben, wenn sich eine entscheidende Bedingung nicht geändert hätte: das Verhältnis von Angebot und Nachfrage auf dem Arbeitsmarkt für Mediziner. Jetzt endlich kann und muss man es sich leisten, aufzumucken und das nach dem Motto: „Hilf dir selbst, sonst hilft dir keiner“ in einer eigenen Gewerkschaft. Das betrachte ich nicht als Standesdünkel, sondern als eine milde Form der Notwehr.
GERT FISCHER, Solingen