: Eine Ausbildung für die Zukunft
ONLINE Die taz suchte für ein Volontariat im Online-Bereich BewerberInnen – und bekam sehr, sehr viel Post von allerhöchst geeigneten KandidatInnen
■ Nur in individuell geeigneten Ausnahmefällen bietet die taz Ausbildungsplätze in Lehrberufen wie für Verlagskaufleute oder Mediengestalter an. Dass es klappen kann, davon können in 35 Betriebsjahren eine Handvoll Mitarbeitende berichten.
■ Anders in der Redaktion. Gut 20 PraktikantInnen bevölkern täglich die verschiedenen Ressorts. Für mindestens zwei Monate, denn darunter lohnte sich der Aufwand für die Betreuung nicht. Wer dabei das geforderte und förderliche Selbstbewusstsein mitbringt, kann sich sehr schnell als Mitglied eines journalistischen Netzwerks fühlen. Entsprechend lang ist die Liste der Bewerbungen.
■ Darüber hinaus werden durch die taz-Redaktion systematisch drei bis vier VolontärInnen ausgebildet, einige stammen aus den Journalistikfachbereichen der Universitäten Leipzig und Dortmund. Andere bewerben sich aus Journalistenschulen oder auch über Ausschreibungen der taz Panter Stiftung ins Haus. (abu)
VON FRAUKE BÖGER
Die Zukunft des Journalismus soll ja in Gefahr sein, hört man. Das scheint die Zukunft des Journalismus aber nicht zu jucken. Jedenfalls sind da draußen haufenweise junge Menschen, die sich nichts anderes wünschen, als den Beruf des Journalisten zu ergreifen. Nicht einfach als Selbstbehauptung, sondern so richtig mit Ausbildung und so.
Auf unsere Ausschreibung für ein Volontariat mit Schwerpunkt Online haben sich gut 150 Menschen beworben. Mindestens zwei Drittel von ihnen hätten wir sofort nehmen können. Was man mit Mitte 20 schon alles hinter sich gebracht haben kann, ist durchaus beachtlich: Drei Fremdsprachen sind mittlerweile normal (und Spanisch ist keine besondere Sprache mehr), Studium ist keine Frage (die klassischen Laberfächer), gut organisierte Auslandsaufenthalte auch nicht – und dann natürlich ein Praktikum nach dem nächsten.
Vielleicht kratzt es die Zukunft auch nicht, dass niemand weiß, wie lange sich echter Journalismus nach klassischem Papiermuster noch finanzieren lässt, weil sie sonst keine Idee hat, was sie machen will? Könnte ja sein. In allen anderen Bereichen, in denen Geisteswissenschaftler wirken könnten, sieht es ja auch nicht so super aus mit unbefristeten Stellen und Altersvorsorge. Denn das ist ihr bestimmt wichtig, dieser Zukunft. Sie macht es ordentlich: kaum Brüche im Lebenslauf, geradeaus auf das Volontariat zu und schon die Frage auf den Lippen, ob man denn danach auch übernommen wird.
Man würde dieser Zukunft gerne sagen: Mach dich locker, fahr doch mal raus, verfahr dich und schau, wie du zurückkommst – wenn du dann noch zurück willst. Aber das wäre furchtbar altklug, und die jungen Leute würden es wohl nicht annehmen, sie sind viel zu entschieden. Oder zu unsicher? Das lässt sich nicht so richtig rauslesen aus den hübschen Lebensläufen. Diese sehen übrigens noch immer sehr klassisch aus, auch die Anschreiben haben diesen vertrauten, etwas steifen Ton, der einem sofort rausrutscht, wenn man das Wort Bewerbung auch nur denkt. Da hat sich also nichts geändert und wird es wohl nie.
Dass es sich um ein Online-Volontariat handelt, hatten allerdings die wenigsten so richtig auf dem Schirm. Was zwei Gründe haben kann: Sie haben darüber nicht weiter nachgedacht, weil es für sie nicht überraschend ist. Oder es ist ihnen egal, Hauptsache eine Ausbildung.
Die Entscheidung, wer denn nun das Volontariat bekommen soll, ist uns jedenfalls nicht leicht gefallen. Und nun zu sagen, um all diese Menschen müsse man sich aber keine Sorgen machen, würde vermutlich Empörung bei eben diesen auslösen: Denn nur weil jemand bisher alles so gemacht hat, wie es ein Berufsberater vorschlagen würde, heißt das noch lange nicht, dass er oder sie selbstbewusst wäre. Wie auch? Die Zukunft des Journalismus soll ja in Gefahr sein, hört man.
■ Frauke Böger, 31, leitet – mit Julia Niemann – taz.de