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Archiv-Artikel

ECKEHARD NIEMANN, ENGAGIERTER LANDWIRT Der Profi-Protestler

Eckehard Niemann, 62

■  ist im Kreis Uelzen geboren. Nach dem Studium war er Agrarreferent in Hamburg und später bei Greenpeace aktiv  Foto: privat

Eckehard Niemann aus Uelzen fühlt sich provoziert. Deshalb sprühte er im April „Happy Nazi Seebohm“ an Trafohäuschen und Werbeschilder. Er protestiert für die Bürgerinitiative „Keine Nazi-Straßen“. Denn die Namensgeber zweier Straßen, Johann Farina und Hans Seebohm, seien glühende Anhänger des NS-Regimes gewesen, sagt Niemann.

„Mein Vater war auch ein Nazi“, sagt der 62-Jährige. Doch der habe Zivilcourage gehabt und das Regime öffentlich kritisiert. Seebohm, den Abgeordneten der Deutschen Partei, kennt Niemann noch aus seiner Jugend und erinnert sich an dessen Sonntagsreden, in denen er die NS-Verbrechen beschönigt habe.

Als in den 60er Jahren die NPD eine Kundgebung im Schützenhaus Uelzen plante, wurde Niemann gebeten, eine Protestrede für den Ring politischer Jugend zu halten. Seinem Vater drohte man daraufhin mit einer Kündigung. Als der darüber in Tränen ausbrach, zog Niemann die Zusage zurück.

Bis heute verspürt er „einen Stachel im Herzen“, wenn er daran zurückdenkt. Der Hobby-Fußballer bereut die Absage. 1968 schloss er sich der Studentenbewegung an und protestierte gegen „das Schweigen der Vätergeneration über die Verbrechen des Nationalsozialismus“.

In Göttingen studierte er Landwirtschaft und 1976 gründete er die „Arbeitsgemeinschaft bäuerliche Landwirtschaft“ in Niedersachsen. Zu der Zeit besaß der leidenschaftliche Kuhkunstsammler auch einen eigenen Bauernhof.

„Ich bin sehr heimatverbunden“, sagt der pensionierte Landwirt. Deshalb sei er auch im Netzwerk „Bauernhöfe statt Agrarfabriken“ aktiv und protestiere gegen den Bau der A 39. Seine Familie, weiß der Zwillingsvater, steht hinter ihm.

Als Mitte April die Anwohner der Farinastraße und Seebohmstraße ihr traditionelles „Happy-Seebohm-Straßenfest“ feierten, empfand Niemann das als einen Akt der Provokation. Er sprühte und wurde verhaftet. Trotz eines Strafverfahrens hat aber nun Niemann Grund zum Feiern: Denn am vergangenen Montag entschied der Stadtrat, die Straßennamen umzubenennen. ANNE BAUMANN