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Archiv-Artikel

S-Bahn-Schläger bestreiten Mordabsicht

PROZESS Am ersten Verhandlungstag sagen die Angeklagten, Dominik Brunner habe zuerst zugeschlagen

MÜNCHEN taz | Sie schauen ihn nicht an. Am anderen Ende des Gerichtssaals sitzt der Vater von Dominik Brunner als Nebenkläger. Sie haben seinen Sohn getötet, mit Schlägen und Tritten, weil der vier Jugendliche beschützen wollte. Die schmächtigen Angeklagten blicken Richtung Boden. Sie geben sich demütig und betroffen. Markus S., 19, versteckt seine tätowierten Unterarme unter einem langärmligen Hemd. Sebastian L., ebenfalls 19, trägt ein kurzärmliges weißes Hemd. „Ich wollte niemals, dass so etwas passiert“, sagt L. mit leiser Stimme. „Mir tut der Tod des Herrn Brunner so unendlich leid, ich kann es nicht beschreiben“, meint S.

So begann am Dienstag am Münchner Landgericht der Prozess zum gewaltsamen Tod des 50-jährigen Managers Dominik Brunner am S-Bahnhof Solln. Die Staatsanwaltschaft klagt die beiden jugendlichen Schläger wegen Mord an. Sie hätten Brunner „aus niedrigen Beweggründen getötet“. Die Angeklagten sagen: Sie hätten nur reagiert. Brunner habe zuerst zugeschlagen.

Als er in Solln aus der S-Bahn gestiegen sei, habe er plötzlich eine Jacke auf dem Boden liegen sehen und Brunner, wie er mit erhobener Faust herumtänzelte, sagt Markus S. in einer von seinem Anwalt verlesenen Erklärung. Brunner habe ihn ins Gesicht geschlagen. „Dann habe ich die Kontrolle verloren“, sagt S. Sebastian L. erklärt, er habe nur zugeschlagen, um seinem angegriffenen Freund zur Hilfe zu kommen. In der Anklageschrift der Staatsanwaltschaft wird die entscheidende Szene allerdings völlig anders beschrieben. Brunner habe sich mit einem Schlag gegen einen Angriff von Markus S. gewehrt, folgern die Staatsanwälte nach der Auswertung zahlreicher Zeugenaussagen. Die Angeklagten hätten bewusst und gemeinsam auf Brunner eingeschlagen. Als dieser mit dem Kopf auf ein Metallgeländer gefallen und benommen liegen geblieben sei, hätten beide mit voller Wucht mehrfach auf Brunners Kopf eingetreten.

„Er ist von Natur aus ein zurückhaltender Typ“, beschreibt der Anwalt Markus S. Die Staatsanwaltschaft hält dagegen: Als ein Zeuge versucht habe, den schwerverletzten Brunner wegzuziehen, habe S. noch einmal auf dessen Kopf eingetreten. Sebastian L. erläutert, er habe noch versucht, seinen Freund zu stoppen. Markus S. meint: „Ich muss wohl einen Blackout gehabt haben.“ BERNHARD HÜBNER