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Archiv-Artikel

Kein neuer Krippengipfel

FRÜHFÖRDERUNG Bundesfamilienministerin Schröder ist nicht bereit, die Kommunen beim Kita-Ausbau noch stärker zu unterstützen. Den Bedarf von 35 Prozent hält sie für realistisch, obwohl er seit 2005 nicht mehr erhoben wurde

VON KARIN SCHÄDLER

Bundesfamilienministerin Kristina Schröder (CDU) geht nicht auf Forderungen der Kommunen nach einem neuen Krippengipfel ein. Die Kommunen hätten sich bereits beim vorigen Gipfel verpflichtet, ein Drittel der Kosten für den Ausbau der Kita-Plätze zu bezahlen, für mindestens 35 Prozent der unter Dreijährigen. „Da lasse ich nicht mit mir reden“, sagte die Ministerin gestern in Berlin. Der Hintergrund: Ab August 2013 haben Eltern einen allgemeinen Rechtsanspruch auf Betreuung für Kinder unter drei Jahren. Die Kommunen befürchten, den Kosten nicht gewachsen zu sein.

Klagen befürchtet

Sollten es einzelne Kommunen nicht schaffen, genügend Plätze einzurichten, drohen ihnen Klagen von betroffenen Eltern. Davon zeigte sich Familienministerin Schröder gestern wenig betroffen. Dies passiere nur, wenn Kommunen „ihre Hausaufgaben“ nicht machten.

Die Kommunen beschweren sich nun, die Einführung eines Rechtsanspruchs habe noch nicht zur Debatte gestanden, als sie die Zusage machten, die Betreuungsplätze auszubauen. Zudem sei seither die gesellschaftliche Akzeptanz der außerhäuslichen Betreuung von unter Dreijährigen gestiegen, sagt Gerd Landsberg, Geschäftsführer des Deutschen Städte- und Gemeindebunds. Wie hoch der Bedarf an Kita-Plätzen für unter Dreijährige 2013 sein wird, ist höchst strittig. Eine Studie des Deutschen Jugendinstituts (DJI) berechnete den Bedarf im Jahr 2005 mit 35 Prozent. Vertreter der Kommunen verwiesen in den vergangenen Tagen auf verschiedene Umfragen, die von einem höheren Bedarf ausgingen, etwa auf eine Forsa-Umfrage und angebliche neue Erhebungen des DJI. Gegenüber der taz gibt das DJI jedoch an, es gebe keine neuen Bedarfserhebungen. Die Forsa-Umfrage, die sogar von 60 Prozent Bedarf ausgeht, wird von Experten nicht als Bedarfsstudie eingeschätzt, weil nur nach abstrakten Wünschen gefragt wurde. Auch die Bertelsmann Stiftung, die oft zitiert wird, wenn es um höhere Prognosen geht, gibt an, es gebe keine neueren Erhebungen als den Bedarf von 35 Prozent aus der Studie des DJI. „Alles andere sind Schätzungen oder Vermutungen“, sagte Anette Stein, Bildungsexpertin der Bertelsmann Stiftung, der taz.

Einzige Studie von 2005

Die Ministerin Schröder bezieht sich auf Zahlen des Statistischen Bundesamts. Die Betreuungsquote sei im Jahr 2009 zwar für Zwei- und Dreijährige gestiegen, für Einjährige aber zurückgegangen, referierte Schröder. Aus diesen Zahlen leitet die Ministerin ab, das Ausbauziel von 35 Prozent bis 2013 sei realistisch. Allerdings weist Bildungsexpertin Stein darauf hin, dass in den Zahlen des Statistischen Bundesamts nicht der Bedarf an Kita-Plätzen, sondern nur die genutzten Plätze enthalten sind. Über Kita-Plätze, die fehlen, sagen die amtlichen Statistiken nichts aus. „Wenn man etwas aus den Statistiken ableiten kann, dann, dass sich das Ausbautempo verdoppeln muss“, sagt Stein.

Die SPD, die noch in der großen Koalition den Rechtsanspruch durchgesetzt hat, fordert von Schröder, auf die Kommunen zuzugehen. „Für die Kommunen ist der Ausbau eine kaum zu schaffende Herausforderung“, sagt Caren Marks, Familienpolitikerin der SPD-Bundestagsfrak-tion.