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Archiv-Artikel

Der Baum und sein Freund

BAUMPFLEGE Nur noch bis Ende Februar dürfen Bäume gefällt oder beschnitten werden. Doch die Bearbeitung der Anträge kann über ein Vierteljahr dauern. Dabei wollen Baumpfleger nichts lieber, als den Baum zu erhalten

Schutz für den Baum

■ Hamburgs Baumschutzverordnung von 1948 ist die erste und restriktivste aller Länder. Geschnitten und gefällt werden dürfen Hecken und Bäume ab einem Stammdurchmesser von 25 cm und einer Höhe von 1,30 Metern nur mit Genehmigung in der Zeit vom 1. Oktober bis zum 28. Februar.

■ Nur in Schleswig-Holstein gibt es eine Verlängerung bis 15. März. Fällungen wegen Sicht- und Lichtbeeinträchtigung sind untersagt.

■ Schlanke Bäume liegen wegen der kleiner werdenden Grundstücke im Trend – mit entsprechenden Namen wie Säulenhainbuche, Säuleneiche und Säulenbuche.

VON DARIJANA HAHN

Die 150 Jahre alte Eiche würde den neuen Besitzern des Baugrundstückes in den Hamburger Walddörfern ja gefallen. Wenn sie nur nicht so im Weg stünde. Sie wird der geplanten Terrasse das Licht wegnehmen und soll deswegen doch lieber weg. Um indes auf einem Privatgrundstück einen Baum fällen oder Schnittarbeiten vornehmen zu lassen, braucht es eine Genehmigung. Ob es die gibt, regelt das Baumschutzgesetz. „Hamburg hat aus gutem Grund eines der restriktivsten Baumschutzgesetze“, sagt Dirk Ebhardt, der seit 25 Jahren mit seiner Firma Biotop Baumpflege betreibt.

Auch wenn der 50-jährige Baumliebhaber das Gesetz grundsätzlich gut findet, macht zurzeit nicht nur seiner Firma der Antragsstau zu schaffen. Zusammen mit drei anderen Firmen hat Ebhardt gegen die langsame Antragsbearbeitung Beschwerde eingereicht. Wenn die 125 Euro teuren Anträge nach 16 Wochen immer noch nicht entschieden seien, so Ebhardt, dann zerre das an den Nerven seiner Kunden. Denn die Zeit läuft: Laut Hamburger Baumschutzverordnung und Bundesnaturschutzgesetz dürfen nur bis Ende Februar Bäume beschnitten und gefällt werden – sofern die Verkehrssicherheit nicht beeinträchtigt ist.

Zu tun gibt es genug: Die Folgeschäden von den Sturmtiefs Christian und Xaver vom Ende letzten Jahres müssen behoben werden – neben der üblichen Baumpflege. Hierzu zählen Kronenpflegearbeiten, bei denen Totholz entfernt, reibende Äste gekürzt, Fassadenfreischnitte durchgeführt und das sogenannte Lichtraumprofil der Straßen frei gehalten wird. Das bedeutet, dass über Straßen erst ab einer Höhe von 4,5 Metern und über Gehwegen ab 2,5 Metern Äste hängen dürfen. So bestimmt es die Verkehrssicherungspflicht, der jeder Baumeigentümer unterliegt.

Ein großer Teil der Arbeit besteht aber aus dem, was überzeugte Baumpfleger so lange es geht hinausschieben: aus dem Fällen der Bäume. Dies soll für Dirk Ebhardt erst dann stattfinden, wenn der Baum nachweislich nicht mehr überlebensfähig ist und droht, umzufallen. „Meist sind es Pilze, die die Bäume zunächst kaum sichtbar von innen heraus zerfressen“, sagt er, und zeigt auf ein Bild, auf dem deutlich zu sehen ist, wie der aggressive Brandkrustenpilz einer Buche schon so zugesetzt hat, dass deren Rinde abplatzt und morsches Stammholz zu sehen ist.

Pilze können den Baum leichter befallen, wenn er ohnehin geschwächt ist. Und das ist bei den Bäumen in der Stadt in letzter Zeit immer häufiger der Fall. Aufgrund des derzeitigen Baubooms in Hamburg werden die Baugrundstücke immer kleiner und damit wird der Platz, den die Bäume zum Leben bräuchten, immer weiter eingeschränkt. Ebhardt zeigt auf ein Schaubild, auf dem zu sehen ist, dass die Wurzeln des Baumes über die Breite der Krone hinausreichen. Wenn auf diesen Wurzeln gebaut wird, leidet der Baum und fängt an, krank zu werden. Wenn nun Privateigentümer wie die Grundstücksbesitzer mit ihrer Eiche ihre Bäume zwar aus Sicht- und Lichtbeeinträchtigung nicht fällen dürfen, so wird, wie Ebhardt in vielen Fällen bemerkt, eben doch zu häufig zu nah an die Bäume gebaut. Mit der Folge, dass der Baum dann doch noch gefällt werden muss, und sei es Jahre später.

Um die sensiblen Wurzeln der Bäume zu schonen, verzichtet Ebhardt weitgehend auf Hubarbeitsbühnen. Anstatt dessen arbeiten sie mit der Seilklettertechnik, durch die sie Bereiche in der Baumkrone erreichen können, an die Arbeitsbühnen nicht herankommen, ohne Schäden zu verursachen. Ebenfalls sanfter wäre für bestimmte Baumarten ein Schnitt zu einer wärmeren Jahreszeit. „Als Baumpfleger muss man einen Spagat zwischen Baum- und Tierschutz vollführen“, sagt Ebhardt, der die Nistzeiten der Vögel respektieren möchte, und seufzt. Aber im Zweifel würde er doch „lieber mal eine Ringeltaube aufschrecken“, als dem Baum in der eigentlich erlaubten Schneidezeit unnötig wehzutun.

Wie viele seiner Kollegen hat er zu den Bäumen eine besondere Beziehung. „Ich würd’ jetzt nicht so weit gehen, zu sagen, dass sie mit mir reden“, so der Baumpfleger, „aber in ihrer Krone zu klettern und sich vorzustellen, was der Baum schon alles erlebt hat, das ist schon ein erhabenes Gefühl!“ Auf seiner Website heißt es, die Bäume leisteten einen „wertvollen Beitrag zur Herstellung des Gleichgewichts des menschlichen Gemüts“.