: „Um Gottes willen, kein Heim“
ÜBERSEESTADT Die „Blaue Karawane“ wird 25 und will an der Hafenkante ein Haus der „neuen Nachbarschaftlichkeit“ errichten. Heute wird da schon mal gefeiert
Noch sei es eine „Sandwüste“, schreibt die Blaue Karawane, das Gebiet an der Hafenkante in der Überseestadt. Und so ist es irgendwie ein nahe liegendes Ziel für die Bewegung, die vor 25 Jahren begann, in Bremen gegen die Zwangsunterbringung von psychisch kranken Menschen zu rebellieren.
Ihren Geburtstag feiert die Karawane heute in einem Zelt am Ort, an dem sie in den nächsten Jahren ihr „BlauHaus“ errichten will. Was das werden soll? „Um Gottes Willen, kein Heim“, sagt der Koordinator Fitz Denning. Platz zum Leben für 64 Menschen soll es bieten, ja, dazu Ateliers, Werkstätten, das neue Café Blau – aber jeden Charakter von Heim wolle man vermeiden. „Menschen mit Hilfsbedarf jeder Art sollen da mit finanziell eingeschränkten Menschen und einem Drittel ganz normaler Leute zusammen wohnen“, sagt Denning.
Ihnen schwebe eine „ganz neue Nachbarschaftlichkeit“ vor. Das Haus werde ein „Kristallisationspunkt für ein buntes Milieu im neu entstehenden Stadteil“, schreibt die Karawane in der Einladung zu ihrem Fest. Das dürfte genau das sein, was dem bisher überaus öden Brachland fehlt – vorausgesetzt, andere folgen dem Beispiel, und siedeln sich da an. „Irgendwer muss ja damit anfangen“, sagt Denning.
Im „BlauHaus“ sollen die verschiedenen Typen von Bewohnern sich helfen – aber nur dort, wo sie wollen. „Alles freiwillig, bloß kein Zwang“, sagt Denning. Das funktioniere sowieso nicht. „Freie Begegnung, keine geschlossenen Systeme“ – nur das mache Sinn. „Im Speicher XI machen wir das ja schon seit Jahren so.“ Im Klartext heißt dies, dass die hilfsbedürftigen Bewohner eben auch von ganz normalen, externen Pflegediensten betreut werden können. Trotzdem, so sagt Denning, sei diese Form der Unterbringung auch viel kostengünstiger als die Unterbringung in Heimen.
Überhaupt, das Geld. Wegen seines unkonventionellen Charakter wird das „BlauHaus“ nicht unter die Heimbauförderung fallen. Seit zwei Jahren verhandelt die Karawane mit dem Grundstückeigner, der Hanse Projekt GmbH. Bis das Haus steht, dürften Kosten in Höhe von sieben Millionen Euro anfallen, kalkuliert Denning. Vier Millionen sollen über die Miete reinkommen, den Rest will die Blaue Karawane nun bei Stiftungen und Investoren einwerben. Zur Verstärkung hat sie sich dafür als Schirmherrin Luise, die Frau von Ex-Bürgermeister Henning Scherf geholt.
Christian Jakob
25. Geburtstagsfeier der Blauen Karawane. Heute ab 13 Uhr bis abends. Hafenkante Überseestadt, Bückingstr.