: Teurer wohnen
Der Senat kündigt eine „Offensive“ mit 2.000 neuen Wohnungen an. Für junge Familien und Besserverdienende ist das eine gute Nachricht. Hartz IV-Empfänger dagegen haben das Nachsehen
von Elke Spanner
Wohnungspolitisch betrachtet war für Hamburg gestern ein ebenso guter wie schlechter Tag. Gut war, dass Senator Michael Freytag (CDU) eine Neubau-„Offensive“ angekündigt hat: Spätestens im kommenden Jahr werden 2.000 neue Wohnungen gebaut. Die Stadt hat gestern mit privaten Unternehmen einen Vertrag geschlossen, nach dem diese städtische Grundstücke zu günstigen Bedingungen bekommen und 1.000 Wohnungen dort, weitere 1.000 auf privaten Grundstücken errichten. Die schlechte Nachricht ist, dass die Planung am dringendsten Bedarf in Hamburg komplett vorbeigeht. Denn Sozialwohnungen werden unter den 2.000 neuen Quartieren keine sein.
Dabei hat das Diakonische Werk gestern gewarnt, dass in den kommenden fünf bis zehn Jahren weitere rund 50.000 Wohnungen in Hamburg aus der Sozialbindung fallen werden. Das heißt: Das Kontingent für finanziell schwache Familien, das seit den Siebziger Jahren ohnehin von 400.000 auf 135.000 gesunken ist, wird fast halbiert. Und während der Anteil bezahlbarer Wohnungen kontinuierlich sinkt, erhöht die Hartz IV-Behörde ebenso kontinuierlich den Druck auf Harzt IV-Empfänger, aus angeblich zu teuren auszuziehen.
Über 4.000 Harzt IV-Empfänger wurden bisher von der Arge zur Senkung ihrer Unterhaltskosten aufgefordert, berichtete Diakonie-Experte Dirk Hauer. Dabei geht das Amt von einer zulässigen Mietobergrenze aus, die bereits vor zehn Jahren für Sozialhilfeempfänger festgelegt wurde. „Menschen verzweifeln, weil es angemessenen Wohnraum zu dem städtisch verordneten Preis so gut wie gar nicht gibt“, sagte gestern Hartz IV-Expertin Irene Bauerschmidt von der Diakonie.
Eine zwingende Konsequenz aus diesen Zahlen wäre, verstärkt sozialen Wohnungsbau zu betreiben. Senator Freytag aber setzt „auf die Kraft der privaten Unternehmen“. Er ist überzeugt, dass Public-Private-Partnerships am effizientesten sind, „nicht nur bei der Elbphilharmonie“. Die gestern besiegelte Kooperation wird größtenteils Eigentumswohnungen hervorbringen. Zugleich will die Stadt die Darlehen für junge Familien beim Eigenheimbau vergünstigen.
Der Senator hofft, dass auch bezahlbare Mietwohnungen unter den 2.000 neuen Quartieren sein werden. Da die Wohnungsunternehmen die städtischen Grundstücke zu günstigen Konditionen bekommen, „gehe ich davon aus, dass die günstigen Bedingungen auch bei den Endverbrauchern ankommen“.
Der „Verband Norddeutscher Wohnungsbauunternehmen“, einer der beiden Partner der Stadt, findet aber auch den Bau von Wohnungen im höheren Preissegment sozial verträglich. Laut Vorstand Holger Kowalski macht womöglich eine günstige Wohnung frei, wer eine teure bezieht – die dann wiederum einem anderen Bedürftigen zur Verfügung stünde.
Dumm nur: Bei einer Neuvermietung steigt der Preis einer Wohnung zumeist erheblich an.