: Rätselhafter Libanon
Was ist ein „robustes Mandat“ für die Bundeswehr, was ein „Kampfeinsatz“? Ein Fall für die „Kleine Wortkunde“
Noch ehe sich auch nur eine Fregatte der Bundesmarine in Richtung libanesischer Küste in Bewegung gesetzt hat, sind innerhalb der deutschen Bundesregierung Kampfhandlungen entbrannt. Es geht um einen Krieg der Worte, genauer gesagt darum, ob der Einsatz deutscher Kriegsschiffe zur „seeseitigen Sicherung“, vulgo zur Unterbindung von Waffenschmuggel, als Kampfeinsatz definiert werden soll (so der Verteidigungsminister) oder nur und ausschließlich als Wahrnehmung eines robusten Mandats (so die Kanzlerin und der Vizekanzler).
Der Begriff „robustes Mandat“ entspringt dem Sprachgebrauch der UNO-Gremien. Damit soll dem Problem beigekommen werden, dass Blauhelme, die sich gewohnheitsrechtlich nur selbst verteidigen dürfen, auch dann zum Waffengebrauch ermächtigt werden, wenn die Erhaltung des Friedens nicht anders gewährleistet werden kann. Also eine Gratwanderung zwischen reinen friedenserhaltenden und kriegerischen, „den Frieden schaffenden“ Maßnahmen. „Robustes Mandat“ ist als Begriff ungefähr genauso unsinnig wie „humanitäre Katastrophe“. Denn nicht das Mandat soll robust sein, sondern die Handlungsweise der Soldaten auf Grund des Mandats. Was aber heißt „robust“? Eigentlich nicht mehr als körperlich widerstandsfähig.
Was tut ein Krisenkommando, das wider den Willen des Kapitäns ein Schiff nach geschmuggelten Waffen durchsucht? Das mit Waffengewalt den Widerstand der Besatzung bricht? Der ehemalige Leiter des Planungsstabs im Verteidigungsministerium Meisner meint, es handle sich bei einer solchen Aktion nicht um einen „typischen Kampfeinsatz“. Na schön, dann ist es eben ein untypischer.
Während der Begriff des Kampfeinsatzes völlig unzweideutig den Einsatz von Waffen einschließt, wird eben dieser Umstand durch den Begriff „robustes Mandat“ verschleiert. Robust sein gilt als positive Eigenschaft, geradezu als lebenserhaltend. Und wer denkt bei Robustheit an den tödlichen Waffengebrauch – in Anwendung des „robusten Mandats“?
Die Herrschaft über die Begriffe gehört zur Herrschaft über die Menschen. Das hat die Bundeskanzlerin Merkel von ihrem Amtsvorgänger gelernt, dem es gelungen ist, den Begriff der Reform zu einem Äquivalent für allseitigen Sozialabbau umzudeuten. Diesen Erfolg im Auge insistiert die Kanzlerin auf einer klaren Sprachregelung. Denn wie soll sich der „richtige“ Begriff durchsetzen, wenn der Verteidigungsminister, nur um sich martialisch zu zeigen, das „falsche“ Wort in den Mund nimmt?
CHRISTIAN SEMLER