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DAS DING, DAS KOMMTWerden und Vergehen

DIE KUGEL EINES WILDERERS kostet „Das schlaue Füchslein“ sein Leben – in der Oper gleichen Titels befördert die Bluttat die Erkenntnis

Trost für den alt gewordenen Förster hält Janáček im Kreislauf der Natur bereit

Eigentlich heißt der Text, auf dem der Komponist Leoš Janáček zwischen 1921 und 1923 eine Oper fußen ließ, die 1924 in Brünn erstmals aufgeführt wurde „Die Abenteuer der Füchsin Schlaukopf“, „Příhody lišky bystroušky“. Bekannt geworden ist sie – im deutschsprachigen Raum – unter einem anderen, nur so ähnlichen Titel: „Das schlaue Füchslein“. Hatte sie dort also einen Namen, ein Geschlecht, ist die Titelfigur hier nur noch ein Tier mit Eigenschaften, nein: mit genau einer Eigenschaft.

Franz Kafkas Freund und Herausgeber Max Brod ist’s zu verdanken, dass das Publikum auch eine leicht veränderte Handlung bekam, wenn es eine der zahlreichen Inszenierungen sah, die das „Füchslein“ seit 1927 auf deutschsprachigen Bühnen erfahren hat. Ausgangsstoff war eine Novelle, der wiederum Comic-Verwandtes vorausgegangen war. Beziehungsweise, so schickt es jetzt die Hamburger Oper ihrer Produktion – Regie: Johannes Erath; musikalische Leitung: Lawrence Foster; Bühne: Katrin Connan – voraus: „eine kuriosere Stoffgeschichte kann man sich kaum vorstellen“. Von Wilhelm Busch ist die Rede, und dass sich etwas vom „satirischen Stil solcher Bildergeschichten noch in Janáčeks Oper“ wiederfinde.

Da schläft also der Förster (Lauri Vasar) im Wald, fängt ein Fuchsjunges, das ihm viel später wieder davonläuft. Diese Füchsin (Hayoung Lee) trifft einen Fuchs, der sie heiratet, Junge gibt es auch, dann fällt sie der Kugel des Wilderers – nach anderer Lesart: Landstreichers – Háraschta (Levente Páll) zum Opfer.

Trost für den alt gewordenen Förster hält Janáček im Kreislauf der Natur bereit: Wie es da betont, dass zu allem Werden immer auch Vergehen nötig sei, ist das „Füchslein“ eben gerade auch eine Befassung mit Verzicht und Tröstung. (Eine vielleicht allzu naheliegende Interpretation hat mit einem angegrauten Komponisten zu tun – und mit der 37 Jahre jüngeren Verheirateten, nach der es ihn gelüstete.)

Zur immer wieder, ja: bezaubernden Musik zeigt die neue Hamburger Inszenierung sich inspiriert von Traumdeutung und Filmtechnik, kulturellen Revolutionen der Entstehungszeit des Stücks. Der Sprach- und Textverwirrung wiederum sucht man durch einen Kniff zu entgehen: Man spielt auf – für Nicht-Muttersprachler schwer zu bändigendem – Tschechisch.  ALDI

■ Premiere: So, 9. März, 18 Uhr, Hamburgische Staatsoper, Einführung: 17.20 Uhr; weitere Vorstellungen: 12., 16., 19., 23., 27. und 29. März, 5. April

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