: „Ich bin im Arsch, schon wieder!“
ROCK Judith Holofernes ist Popstar. Und Mutter. Die Sängerin der Band Wir sind Helden über Backstage-Babys, Moral und ihre tiefe Müdigkeit
■ Die Frau: Judith Holofernes wurde vor 33 Jahren als Judith Holfelder in Berlin geboren. Heute singt sie bei Wir sind Helden, ist verheiratet mit dem Schlagzeuger der Band, Pola Roy, und hat mit ihm zwei Kinder, die im Tourbus mitreisen und von zwei Babysittern betreut werden. Als sie selbst ein Kind war, hatte sie Popstar-Träume und wollte wahlweise Patti Smith oder Marianne Faithfull sein. Ihre Karriere als Sängerin begann so richtig im Kurs einer Musikhochschule, wo sie auch einige ihrer späteren Bandkollegen kennenlernte.
■ Die Band: Wir sind Helden sind Holofernes (Gesang und Gitarre), Jean-Michel Tourette (Keyboards und Gitarre), Mark Tavassol (Bass und Gitarre), Pola Roy (Schlagzeug). Ihr Debüt-Album „Die Reklamation“ stieg 2003 bis auf Platz zwei der deutschen Charts.
■ Das Album: „Bring mich nach Hause“ ist das vierte Album von Wir sind Helden und markiert einen Neuanfang. Nicht nur, weil die Band drei Jahre Pause machte. Nicht nur, weil man musikalisch neue Wege geht, die quäkenden Synthies endgültig abgeschafft und stattdessen Akkordeon oder Banjo, Balkanpop oder Americana integriert hat. Sondern auch, weil Holofernes noch nie so persönlich und zugleich allgemeingültig getextet hat. Die bislang gewohnte Konsum- und Kapitalismuskritik fällt dafür diesmal aus.
VON KIRSTEN KÜPPERS, THOMAS WINKLER (INTERVIEW) UND ANJA WEBER (FOTOS)
Die Sonne scheint, Judith Holofernes kommt gerade von Sat.1 und bestellt sich erst mal ein Frühstück. Ein englisches mit Bacon und Würstchen, Baked Beans und gebratener Tomate. Sie ist aufgeräumt, sehr wach, sehr hungrig offensichtlich.
taz: Frau Holofernes, wann haben Sie das letzte Mal daran gedacht, den Job zu wechseln?
Judith Holofernes: Heute! Ich musste zum Morgenmagazin ganz früh. Da saß ich um sechs in der Maske mit einem schlimmen Schädel und die haben mir an den Haaren rumgezogen und im Gesicht gefummelt. Das sind die Momente, in denen ich denke, ich sollte vielleicht doch lieber irgendwas schreiben oder was ganz anderes machen.
… und wann haben Sie das letzte Mal ernsthaft darüber nachgedacht?
Wir haben ja nicht umsonst drei Jahre Pause gemacht, bevor wir unsere neue Platte rausgebracht haben. In der Pause war da tatsächlich ein Ringen mit dem Job. Aber offensichtlich muss ich noch weitermachen. Ich hänge an der Musik und an der Band.
Was ist denn so schlimm daran, Popstar zu sein?
Dieses ständige Unterwegssein mit den Kindern. Dass man keinen Alltag hat. Man kann wenig selbst gestalten. Man hat Schwierigkeiten, in den Fahrersitz zu kommen.
Altes Problem: Familie und Karriere unter einen Hut kriegen.
Das ist wahnsinnig energieaufwendig. Und es ist für die Frauen schwieriger als für die Männer.
Auch ein ziemlich alter Konflikt.
Im Moment läuft es bei uns wenig traditionell. Pola hat sich aus allen Interviews rausgezogen, um mehr Zeit mit den Kindern zu verbringen. Das war der Zaubertrick, der dafür sorgt, dass es überhaupt funktioniert. Aber die Gesellschaft ist noch nicht so weit. Wenn ich ein Interview gebe und im Nebenzimmer ist Pola mit einem schreienden Baby, dann kommt immer sofort die Frage: „Wie ist das für dich, wenn im Nebenzimmer das Kind weint?“ Väter kriegen das anders gespiegelt.
Taugt der Beruf des Popstars überhaupt dazu, eine vierköpfige Familie zu ernähren?
Zu ernähren schon. Und wir sind in der glücklichen Situation, dass wir uns einen Nightliner leisten können …
… also einen Bandbus. Wie tourt man mit Baby und Kleinkind?
Wir haben also diesen Doppeldeckerbus. Das ist zwar wackelig und eng wie ein U-Boot. Aber es gibt damit einen festen Ort. Unten ist für alle Platz zum Rumsitzen und DVDs gucken. Oben sind Stockbetten. Vorne und hinten hat der Bus eine Art Kinderzimmer mit Kinderbetten. Es ist nicht luxuriös, die Türen klappern, aber es ist gemütlich und nett. Und wir haben zwei Babysitter dabei.
Und Windeln und Babybrei?
Das Gute am Bus ist ja, dass man Vorräte anlegen kann. Das sind die kleinen Sachen, die einen sonst wahnsinnig machen. Interviews, Soundcheck, abends Konzert und dazwischen ist der Scheißbrei alle.
Klingt ziemlich anstrengend.
Wir haben ein halbes Jahr gebraucht, um herauszufinden, mit welchen Kinderbetten man im Bus am besten klarkommt.
Kinderbetten statt Rock ’n’ Roll.
Man macht sich eben immer so viele Sorgen um dieses Baby! Und dann bewegst du dich in einem Umfeld, das überhaupt nicht auf Babys eingestellt ist. Du kommst dann in einen Bus mit einem Holzgestell, in dem das Baby entgegengesetzt der Fahrtrichtung liegen soll und das eine scharfe Kante auf Kopfhöhe hat, was du in einem fahrenden Bus nicht so geil findest. Oder es zieht wie Hechtsuppe in diesem Scheißbus. Bei Rock am Ring haben wir die Nacht vorher und nachher nicht geschlafen, weil wir stattdessen die ganze Zeit die Lüftungsschächte gesucht haben, um die abzukleben.
Können das nicht die Babysitter machen?
Anfangs haben wir auch gedacht, wir müssten unseren Sohn immer selber ins Bett bringen, und wollten das nicht abgeben an die Babysitter. Und sind dann eine Viertelstunde nachdem der eingeschlafen ist auf die Bühne gehechtet. Dann bin ich von der Bühne runtergehechtet und hab’ gestillt.
Bleibt da noch Glamour übrig?
Wahnsinnig glamourös ist das natürlich nicht. Alkohol haben wir auch vorher kaum getrunken. Aber man schafft es auch nicht, von der Bühne direkt ins Bett zu gehen. Dieses Adrenalin im Körper muss irgendwie raus. Wir gucken dann drei Folgen „Lost“ und gehen viel zu spät schlafen. Nicht sehr glamourös. Gar nicht Rock ’n’ Roll.
Und die anderen Bandmitglieder haben gedacht: Das hat man nun davon, wenn ein Pärchen in der Band ist.
Die fanden das am Anfang natürlich bedrohlich. Ein Pärchen, das sich streitet und trennt, ist ja eine Gefahr für eine Band. Am Ende waren sie dann froh, weil das auch eine stabile Kraft ist.
Und auf dieser Tour wird also alles besser.
Eigentlich kommt man ganz gut durch, wenn man sich einfach reinbegibt und auf der anderen Seite zerzaust wieder rauskommt. Aber das kannst du mit Kindern nicht machen. Da muss man immer gleichmäßig stabil sein.
Puh!
Vieles daran ist ja auch ganz wunderbar! Aber ich weiß nicht, wie lange ich das noch machen kann. Ganz ehrlich.
Das englische Frühstück kommt. Holofernes bestreicht ihren Toast mit Frischkäse. Dann beginnt sie in den Bohnen zu stochern.
Könnte man das Problem nicht durch weniger Arbeit lösen?
Das ist dann vielleicht die nächste Maßnahme. Wir haben dieses Mal schon versucht, mehr Platz zu lassen zwischen Erstellen und Rauskommen der Platte. Dann hat irgendwas länger gedauert und plötzlich war doch wieder alles gleichzeitig und jetzt bin ich schon wieder in diesem Stress, den ich eigentlich diesmal vermeiden wollte.
Irgendwann gehen die Kinder ja auch in die Schule.
Eine Zeit lang kann man auch in den Ferien auf Tour gehen. Aber wenn mein Kind eigene Vorstellungen von Ferien hat, will ich ihm nicht erklären müssen, wie geil es ist, auf Tour zu gehen.
Was werden Ihre Kinder Ihnen vorwerfen, wenn die aus ihrer ersten Therapiestunde kommen?
So was wie: „Ich wollte doch immer nur zu Hause bleiben!“ Aber ich selbst habe auch keine standardisiert idyllische Kindheit gehabt und bin über alles froh, was ich daraus mitgenommen hab.
Sie pfeifen also auf feste Strukturen.
Ich hätte auch in einem normaleren Leben keinen Bock drauf, immer auf die Uhr zu gucken, dass mein Kind jeden Tag zur absolut selben Zeit im Bett ist. Ich bin froh: Unsere Kinder sind jetzt schon wahnsinnig flexibel.
Was machen Sie anders als Ihre Mutter?
Meine Mutter war mit mir alleine, aber immer in größeren, kommuneartigen Wohngemeinschaften. So ähnlich haben wir das jetzt auch durch die Band, obwohl wir als Eltern zu zweit sind. Mir war wahnsinnig wichtig, dass ich gleichzeitig mit meinen Freundinnen Kinder kriege. Und jetzt haben wir diese erweiterte Affenfamilie.
Wollte Ihr Mann, der Helden-Schlagzeuger Pola Roy, auch die Affenfamilie?
Pola kommt aus einer bürgerlichen Familie und ist in einem Karlsruher Vorort groß geworden. Und das war der erste Moment, wo das bei uns kurz richtig gekracht hat: Weil er dachte, mit Baby müsste man irgendwie raus ins Grüne ziehen. Aber ich hab gesagt: „Ich kann nicht in Zehlendorf wohnen.“ Da hat er relativ schnell gemerkt, dass er das auch nicht möchte. Ich glaube, egal wie man seine Kindheit empfunden hat – später versucht man, auf Umwegen eine Identifikation damit herzustellen.
Auch Helden haben also manchmal Ehekrach.
Wenn man Kinder kriegt, merkt man, wie weit es her ist mit der inneren Emanzipation und mit der äußeren. Ich kenne viele Familien, die miteinander Ärger kriegen. Wir sind da in einer sehr speziellen Situation, weil wir diese Band auf Gedeih und Verderb zusammen machen. Pola hat kein Problem damit, sich rauszuziehen für die Kinder. Das trifft sich gut. Es ist auch klar, dass ich in der Band unersetzlich bin. Ich mach mir nur definitiv mehr Sorgen darum, ob das alles okay ist. Das ist typisch für alle Frauen, die ich kenne. Ich stelle mich selbst mehr in Frage. Das ist definitiv ein schwieriges Feld.
Hilft Ihnen die Religion dabei? Sie sind Buddhistin.
Ich kann mich nicht mehr zweimal am Tag aufs Kissen setzen und meditieren. Aber ein Lehrer hat mir gesagt: Wenn man es schafft, mit Kindern nicht ständig total am Rad zu drehen, also im größten Chaos einigermaßen gefasst und freundlich zu bleiben, dann ist das an sich schon eine Meditation. Früher habe ich mich sehr stark mit der Vergänglichkeit im Buddhismus beschäftigt, mit dem Thema Sterben. Das passt nicht sehr toll zu kleinen Kindern. Von Vergänglichkeit möchte man da einfach nicht so viel wissen. Auf dem Gebiet mache ich also gerade ein bisschen Pause.
Was dann? Geht Judith Holofernes Frustshoppen?
Nur im Internet.
Damit es keiner sieht?
Ich finde es unerfreulich, in Geschäften rumzustehen. Die unfreundlichen Spiegel. Der Trash, durch den man sich durchwursteln muss.
Holofernes hat nun die Bohnen zur Hälfte aufgegessen. Die Würstchen hat sie nicht angerührt. Für die interessieren sich stattdessen die letzten Wespen des Sommers.
Dafür, dass Sie nicht gerne einkaufen gehen, haben Sie da aber einen recht ambitionierten Rock an.
Ich habe eine große Liebe für Mode und schöne Dinge.
Dabei kennt man Sie doch vor allem als Konsumkritikerin.
Dieses Land ist in seiner Protestkultur einfach unfassbar spießig. Ich gehe einkaufen und die Leute sagen: Die Holofernes hat sich einen Schuh gekauft! Dabei hat sie doch schon ein Paar! Über Jahre hatte ich das Gefühl, es wäre ein Suchscheinwerfer auf mich gerichtet. Nur weil ich es in diesem drögen, perfektionistischen Land gewagt habe, zu sagen, dass ich irgendetwas Gutes möchte. Sofort wird man festgenagelt: Und, machst du denn auch nur Gutes die ganze Zeit? Aber ich habe gelernt, darauf zu scheißen.
Aber mit dem Geld, das sie verdient haben, machen Sie was Gutes?
Wir haben es einer ethisch-ökologischen Bank gegeben. Aber vor allem auch, weil das für uns befreiend ist. Wir müssen nicht mehr überlegen: Wie kann mein Geld am besten für mich arbeiten? Sondern bestenfalls noch: Wie kann es für andere am besten arbeiten? Wir haben es geschafft, unser Geld in Freiheit zu verwandeln. Das kann ich jedem nur empfehlen: sich aus dieser scheiß Optimierungsmaschinerie rauszuziehen.
Da macht Judith Holofernes mal wieder stellvertretend alles richtig.
Ich lebe stellvertretend für überhaupt niemanden. Ich mache halt mein Ding. Dass die Leute immer zugucken, versuche ich auszublenden. Ich versuche, mich in dieser Welt so zu verhalten, dass ich möglichst wenig Schaden anrichte. Aber ich lebe auch nach dem buddhistischen Grundsatz: Nähre täglich die Freude in dir und anderen. Wenn das bedeutet, dass ich mir was Schönes kaufe, dann tu ich das auch. Hut ab vor allen Leuten, die es schaffen, konsequenter zu sein. Man muss doch auch einfach mal anfangen dürfen. Ich merke, dass viele Leute keine Lust haben, sich zu etwas zu bekennen, weil sie Angst vor diesem Vollständigkeitsanspruch haben.
Judith Holofernes kommt jetzt in Fahrt. Der Toast ist aufgegessen. Der Bacon ist zu den Würstchen geschoben. Auch darüber freuen sich die Wespen.
Ist diese wahrscheinlich unvermeidliche Inkonsequenz …
… Entschuldigung, aber warum wird in Deutschland immer die Inkonsequenz betont, aber nicht der Impuls, endlich mal überhaupt anzufangen? Ich werde so oft mit dieser Frage konfrontiert, wie inkonsequent diese Generation ist. Sorry, aber das ist ein großer Teil des Problems: Es macht in diesem Land überhaupt keinen Spaß, sich für irgendetwas zu engagieren. Und Humor ist, wenn man’s trotzdem macht.
Jetzt regt sie sich wirklich auf. Das erste und einzige Mal. Eine Wespe fliegt ihren Teller an.
Ich mag keine Wespen.
Tatsächlich hat Judith Holofernes ein Stück geschrieben, das „Die Wespe“ heißt. In dem singt sie: „Ob das an den Farben liegt? Ich mag das Tier nicht, das da fliegt.“ Es ist, wenn man so will, eine allegorische Absage an die schwarz-gelbe Regierung. Aber den Song haben Wir sind Helden auf der B-Seite der aktuellen Single versteckt, auf dem Album ist er nicht zu finden. Das wird von den Kritikern als das am wenigsten politische der Band eingeschätzt. Dafür schnipst Holofernes jetzt die Wespe zur Seite.
Die Frage sollte eigentlich sein: Ist diese wahrscheinlich unvermeidliche Inkonsequenz der Grund, dass Sie solch extremen Gefühle hervorrufen?
Vielleicht. Wahrscheinlich. Mir ist schon alles Mögliche angedichtet worden. Ich war die „Klassensprecherin der Nation“. Das ist schon unerfreulich.
Wird Judith Holofernes von so vielen gehasst, weil sie der Bionade-Boheme die eigenen Widersprüche vor Augen führt?
Ich hatte mich bis dato eigentlich gar nicht so gehasst gewähnt. Aber das ist wahrscheinlich das Wesen von Popularität. Ehrlich gesagt, ich kann mein Leben ja nicht darauf ausrichten, wer mich scheiße findet. Höchstwahrscheinlich sind das Leute, mit denen ich mich auf einer Party auch nicht sonderlich gut verstehen würde.
Also mal konkret: Ernährt sich die Familie Holofernes rein biologisch?
Zu Hause kaufen wir vor allem Bio. Auf Tour essen wir die letzte Scheiße. Wir ernähren uns über große Strecken unseres Lebens auf der Raststätte, da sind wir wahnsinnig fremdbestimmt.
Stichwort: Raststätte. Die neue Platte heißt „Bring mich nach Hause“. Klingt ziemlich resignativ. Früher waren Sie kämpferischer in Ihren Liedern, da haben Sie gefordert: „Ich will mein Leben zurück!“
Aber es geht immer noch um dieselbe Müdigkeit, um denselben Überdruss. Diese Platte ist introvertierter, aber vielleicht ist gerade das besonders kämpferisch, dieses finale Leck-mich-am-Arsch.
Aber die Rolle als Kommentatorin gesellschaftlicher Prozesse, die geben Sie hiermit auf?
Das soll mal jemand anders machen zwischendurch. Außerdem: Die Lieder zu den Wurzeln dieser Krise habe ich schon vor langer Zeit geschrieben. Die sind ja alle noch da: „Guten Tag“ oder „Die Konkurrenz“ oder „Müssen nur wollen“, „Der Krieg kommt schneller zurück als du denkst“ oder „Alles auf Anfang“.
Und was sagen Sie Fans, die neue, kämpferische Lieder wollen?
Denen sag ich: Wartet doch mal ab. Kommen ja vielleicht noch ein paar Platten. Überhaupt: Ich empfinde das auch nicht so, als hätte ich da eine gesellschaftliche Funktion. Meine größte Aufgabe ist es, Musik zu machen, die eine innere Dringlichkeit hat.
Durften Sie feststellen, dass sich Fans und Kinder erstaunlich ähnlich sind?
Klar, das Verhältnis zu beiden, das hat schon etwas Mütterliches. Die Band, diese Musik ist definitiv mein Baby. Diese Lieder werden in die Welt geboren, und dann muss ich gucken, dass kein Scheiß damit passiert. Und ich spüre auch eine große Verpflichtung gegenüber denen, die auf ein Konzert kommen.
Sie sind also auch die Mutter Ihrer Fans?
Dazu fehlen mir gerade die Kapazitäten. Ich kann gerade nicht so mütterlich zu denen sein wie früher. Ich muss erst mal für meine eigenen Kinder Mutter sein. Aber ich versuche weiter freundlich zu sein.
Fühlen Sie da eine Verpflichtung, zu beweisen: Kinder und Karriere, das funktioniert?
Ganz im Gegenteil! Ich fühle gerade eine starke Verpflichtung zu beweisen, dass das alles eben nicht funktioniert. Ich bin im Arsch, jetzt schon wieder! Und nach dem ersten Kind war ich auch total im Arsch und deshalb klingt die neue Platte so, wie sie klingt.
Und wie kriegt Ursula von der Leyen das hin?
Keine Ahnung, die ist bestimmt auch im Arsch. Das ist die einzige Verpflichtung, die ich momentan spüre: Nicht Teil dieser beschissenen Maschine zu sein, die den Leuten suggeriert, sie könnten zwei Wochen nach der Geburt ihrer Kinder schon wieder perfekt aussehen. Dass das so aussieht, als ob ich das alles hinkriege, das ist doch nur ein Wunder der Kosmetikindustrie.
Wir sind Helden sind also keine Helden mehr?
So wenig wie wir es jemals waren. Ein ironischer Name, der nicht mehr zu seinem Inhalt passt. Der hat sehr viel besser zu der wurschteligen Band gepasst, als die wir angefangen haben. Für manche sind wir jetzt die Helden, über die wir uns damals lustig gemacht haben. Das hat schon wieder eine eigene Ironie, aber das ist in Ordnung.
Judith Holofernes hat aufgegessen. Würstchen und Bacon sind kalt. Die Wespe ist wieder da. Sie hat Freundinnen mitgebracht.
■ Kirsten Küppers, 38, ist Autorin der sonntaz
■ Thomas Winkler, 45, ist Autor der sonntaz
■ Anja Weber, 41, ist freie Fotografin in Berlin