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Archiv-Artikel

Das Bohrloch ist zuzementiert

UMWELT Der Ölkonzern BP schließt das Leck im Golf von Mexiko. Fast 10 Milliarden Dollar hat ihn die Katastrophe bislang gekostet. Für Umwelt und Anwohner ist sie nicht vorbei

Das Unglück der „Exxon Valdez“ zeigt, dass auch menschliche Katastrophen drohen

AUS WASHINGTON DOROTHEA HAHN

Fünf Monate nach der Explosion der Ölplattform „Deepwater Horizon“ ist es amtlich: Aus dem Bohrloch am Boden des Macondo-Grabens im Golf von Mexiko strömt kein Öl mehr. „Es ist tatsächlich tot“, sagte Thad Allen am Sonntagabend. Der Admiral der Küstenwache beaufsichtigt die Rettungsaktion. US-Präsident Barack Obama und der Noch-Chef des Mineralölkonzerns BP, Tony Hayward, benutzten das gleiche Wort, um das Ereignis zu würdigen: „ein Meilenstein“.

Es war eine lange und komplizierte Operation, vier Kilometer unterhalb des Seebodens im Golf von Mexiko: Seit dem 15. Juli, als das Bohrloch provisorisch mit einem Deckel verriegelt wurde, strömte kein neues Öl ins Meer. Während des Sommers wurde eine Ersatzbohrung in den Seeboden getrieben, dann das Ganze mit Zement gestopft – und an diesem Wochenende als erfolgreich verschlossen getestet.

Damit steht auch fest, wie viel Rohöl in den Golf von Mexiko geströmt ist: Es sind 206 Millionen Gallonen, 780 Millionen Liter. Doch darüber, was aus dem ausgelaufenen Öl geworden ist, spekulieren die ExpertInnen weiterhin. BP-Verantwortliche und andere VertreterInnen der Ölbranche sprechen von einer unerwartet hohen und hilfreichen Aktivität von Mikroben im Wasser. Diese hätten, so lanciert die Lobby, einen großen Teil des Öls bereits entsorgt. Unabhängige WissenschaftlerInnen hingegen warnen, dass die Mikroben sich über das Methangas hergemacht hätten, nicht über das Öl. Die Wissenschaftszeitschrift Science veröffentlichte eine Studie, wonach mehrere Kilometer lange Schwaden verdichteten Öls in der Tiefe des Golfes treiben.

Bereits seit Juli pumpen und fackeln die Rettungstruppen kein Öl mehr von der Oberfläche ab. Auch das umstrittene Bindemittel Corexit, das im Frühsommer in einer nie da gewesenen Menge eingesetzt wurde, wird nicht mehr verstreut. Doch weiterhin sind 25.200 Leute an der Golfküste und auf See mit den Rettungsarbeiten befasst.

In seinen Presseerklärungen bezeichnet BP das Bohrloch nicht mit dem Namen der Plattform „Deepwater Horizon“. Die Explosion auf der Plattform tötete elf Arbeiter und löste die größte bekannte Ölpest der Geschichte aus. BP nennt das Bohrloch „MC 252“. Das ist weniger emotionsgeladen.

Nach eigenen Angaben hat der Konzern bislang 9,5 Milliarden US-Dollar ausgegeben, um die Folgen der Ölpest zu bekämpfen. Darin eingeschlossen sind die Arbeiten am Seeboden. Im August nahm der von der US-Regierung eingesetzte Entschädigungsfonds GCCF seine Arbeit auf. BP hat sich verpflichtet, 20 Milliarden US-Dollar in den Fonds einzuzahlen.

Was an Spätfolgen droht, erfuhren Delegierte aus Louisiana auf einer nach Alaska: Nach der im Jahr 1989 von dem Tanker „Exxon Valdez“ ausgelösten Ölpest gab es viele menschliche Katastrophen: Depressionen, Alkoholismus, Scheidungen und Selbstmorde. Ganz abgesehen von den Folgen für das Leben im Wasser: Selbst zwei Jahrzehnte später sind die Heringe nicht zurückgekehrt.