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Archiv-Artikel

Schon wieder Ärger mit dem Volk

DIREKTE DEMOKRATIE Nach dem verlorenen Volksentscheid in Sachen Primarschule kämpft Hamburgs CDU-Bürgermeister Christoph Ahlhaus gegen die nächste Volksinitiative: Sie kämpft für gebührenfreie Kitas

Bei seinem ersten Auftritt als Bürgermeister vor einem Hamburger CDU-Landesparteitag nahm sich Christoph Ahlhaus (CDU) die Volksinitiative „Kita-HH“ zur Brust und warf ihr vor „die direkte Demokratie zu missbrauchen“ und zu „zerstören“. Hintergrund der Anwürfe: Die von der Initiative geforderte beitragsfreie sechsstündige Kita-Betreuung würde nach CDU-Berechnungen 200 Millionen Euro kosten – pro Jahr.

Kaum hat die CDU die Niederlage im Kampf um die Einführung der sechsjährigen Primarschule gegen die Volksinitiative „Wir wollen lernen“ verdaut, da ist der nächste Konflikt mit einer Volksinitiative schon programmiert: Wer „per Volksentscheid den Hamburger Haushalt mit einem dreistelligen Millionenloch belasten“ wolle, der handele „unverantwortlich“ und mache die Stadt perspektivisch „unregierbar“, sagte Ahlhaus unter dem Applaus der CDU-Delegierten im Bürgerhaus Wilhelmsburg. „Die Schulden, die wir dafür aufnehmen müssten, dürfen dann die Kinder bezahlen, die heute von dem kostenlosen Kita-Besuch profitieren“, äzte der Bürgermeister.

Die CDU will ein mögliches Volksbegehren juristisch aushebeln. Ahlhaus beruft sich dabei auf eine Rechtsexpertise des pensionierten Verfassungsrechtlers und früheren CDU-Politikers Ulrich Karpen. Karpen sagt, „dass der Hamburger Haushalt nicht Gegenstand eines Volksbegehrens“ sein dürfe. Das aber sei er in diesem Fall, da aus ihm „die entstehenden Finanzlücken gedeckt“ werden müssten.

Der Hamburger Verfassungsrechtler Matthias Klatt vom Fachbereich Rechtswissenschaft der Hamburger Uni wähnt die Eltern-Initiative hingegen im Recht. Klatt geht davon aus, dass das Hamburger Verfassungsgericht sich schon bald mit dem Streit befassen und klären werde, wie stark ein Volksentscheid den Haushalt belasten dürfe.

Unterdessen bezeichnete Ver.di-Landeschef Wolfgang Rose Ahlhaus als „Schuldenpapst“, der „kein Recht“ habe, „besorgte Mütter und Väter mit obrigkeitsstaatlichen Tönen ins Abseits zu stellen“. Auch die Volksinitiative „Kita HH“ wies die Vorwürfe scharf zurück. „Wir haben uns entschlossen, uns für unsere Kinder und vor allem für alle folgenden Generationen einzusetzen für mehr Bildungsqualität und Chancen für alle“, sagte die Sprecherin des Landeselternausschusses Kindertagesbetreuung, Claudia Wackendorff. „Davon werden uns Beschimpfungen auch nicht abhalten.“MARCO CARINI/MAGDA SCHNEIDER