: Thomas Mauch hört auf den Sound der Stadt
Heute mal kein Herz für den Indierock, weil man zwischendurch ja auch mal anderswo hinhören muss, etwas weiter weg im Fernweh-Modus, mit dem es in ein Land geht, wo man weiß Gott wenig Zäune sieht, und Straßen gibt es hier eigentlich auch nicht, dafür aber einen gewaltigen Himmel über der Mongolei. Was man alles sogar hören kann, heute Abend in der Kreuzberger Heilig-Kreuz-Kirche mit Hosoo und dem Transmongolia-Ensemble. Hier werden mit den prächtigen Mongolenmänteln der Musiker und den seltsamen Instrumenten wie der Pferdekopfgeige natürlich auch die touristischen Schauwerte bedient, aber noch viel schöner wird es, wenn man die Musik als eine hört, die einen wirklich angeht, was sie mit einer archaischen und deswegen ganz gegenwärtigen Wucht auch tut, selbst wenn man nicht unbedingt ein ausgewiesener Steppenbewohner ist. Kann man gut als eine besonders anrührende Version von Alternative-Country hören. Sogar den fabulösen Oberton-Gesang, auf den sich Transmongolia meisterhaft verstehen. Und nicht ganz so weit weg, Istanbul, Heimat von Fairuz Derin Bulut, die einen Arabesk-Rock machen, der wie eine von Phil Spector und Brian Wilson gemeinschaftlich eingerichtete Dönerbude klingt mit abgedrehten Sounds, die irgendwann bestimmt auf den fortlaufenden Psychedelia-Sampler-Reihen aus den Pop-Peripherien landen werden. So lange aber muss man nicht warten, weil die Band bereits am Sonntag im Ballhaus Naunynstraße zu hören ist. Außerdem sind gestern ja die Echtzeitmusiktage zu Ende gegangen, was aber nur heißt, dass jetzt zwischendurch wieder mal der querverbindende Festivalrahmen fehlt, weil in Berlin eigentlich immer Echtzeitmusiktage sind mit irgendeinem Experimentalmusikkonzert irgendwo. Am Mittwoch beispielsweise im Ausland, wo die unter dem hübschen Namen The International Nothing kollektivierten Klarinettisten Kai Fagaschinski und Michael Thieke ihre zehnjährige Zusammenarbeit mit einer neuen Platte befeiern, die die hübsche Spielanleitung „Less Action, Less Excitement, Less Everything“ trägt. Und noch die Kunst. Kommt als Brechermetal aus den Gruften der Doom-Musik, ein Mönchskuttenrumorismus mit Kreissägenklang, vom Solistenensemble Kaleidoskop in der Zuarbeit für Ruin, dem musikalischen Outfit des Künstlers Martin Eder, fachgerecht hergestellt. Als Zuckerl obenauf gibt es das von Sunn O))) her bekannte Schreiteufelchen Attila Csihar. Donnerstag im Berghain.
■ Hosoo & Transmongolia: Heilig-Kreuz-Kirche, Fr, 21 Uhr. 14/8 €
■ Fairuz Derin Bulut: Ballhaus Naunynstraße, So, 22 Uhr. 10/7 €
■ The International Nothing: Ausland, Mi, 20.30 Uhr
■ Ruin & Kaleidoskop: Berghain, Do, 21 Uhr. 22 €