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Archiv-Artikel

Eine Hochburg der Jungwähler

Erstmals dürfen in Berlin 16- und 17-Jährige die Kommunalparlamente wählen. Die Beteiligung fällt niedrig aus

Der Wahlkreis 321 ist ein Sonderfall: Fast jeder zehnte Wähler ist hier 16 oder 17 Jahre alt

BERLIN taz ■ Es ist noch wenig los im Jugendhaus im äußersten Nordosten Berlins. Bis 10 Uhr haben sich nur ein paar Frühaufsteher in das Wahllokal verirrt. Einer ist der 17-Jährige Steffen. „PDS hab ick gewählt“, sagt er ohne zu zögern. Die hätten bessere Ideen bei Bildung und Arbeit, außerdem würden die sich im Kampf gegen rechts engagieren. Gewählt habe er, weil die Wahlbeteiligung immer so niedrig sei und da jede Stimme zähle. Wie Steffen waren gestern in Berlin alle Jugendlichen im Alter von 16 und 17 Jahren zum ersten Mal aufgerufen, ihre Stimme abzugeben – allerdings nur für die Bezirksparlamente, nicht für die Wahl des Abgeordnetenhauses.

Der Wahlkreis 321 ist ein Sonderfall: Während in den Innenstadtbezirken im Durchschnitt 1,7 Prozent der Wahlberechtigten 16- und 17-Jährige sind, ist es hier jeder Zehnte. Nirgendwo sonst in Berlin gibt es so viele Jungwähler. Das hat historische Ursachen: Das Wahllokal liegt in Marzahn-Hellersdorf. Diesen Bezirk gibt es in heutiger Form erst seit 25 Jahren. Anfang der 80er-Jahre wurden in großem Stil Plattenbauten hochgezogen. Weil damals vor allem junge Menschen kamen, ist Marzahn-Hellersdorf der jugendlichste Bezirk der Stadt.

Vor dem Jugendhaus belebt sich die Szenerie langsam. Auch der 17-Jährige Sascha, der mit seiner bulligen Erscheinung und seinem schwarzen Metal-Look etwas bedrohlich aussieht, hat für die Linkspartei gestimmt. Sie hat hier eine ihrer Hochburgen. Für seine Entscheidung äußert Sascha diese Gründe: „Gewählt hab ich die, weil ich gegen die rechten Spinner von der NPD bin.“ Ganz offen würden die Rechten CDs verteilen, erzählt der angehende Krankenpfleger. Er fände es wichtig, dass junge Leute durch das Stimmrecht Verantwortung übernehmen können.

Die Beteiligung unter den Jungwählern hielt sich gestern jedoch in Grenzen: Bis 16 Uhr hatten nur 20 von den 105 ihre Stimme abgegeben. Würden alle wie die 17-jährige Katrin denken, gäbe es mickrige Wahlbeteiligungen hingegen nicht: „Ich hab mich vorher schlau gemacht und dann das Beste für mich herausgesucht“, sagt die Gymnasiastin. Für welche Partei sie sich entschieden habe, wolle sie nicht sagen – es sei ja schließlich eine geheime Wahl gewesen. Jonas Moosmüller