: Last minute fürs Klima
Die Flughäfen im Land sind auf Expansionskurs. Die Passagierzahlen sollen durch längere Landebahnen weiter steigen. UmweltschützerInnen warnen, Billigfliegen sei besonders schädlich
VON MORITZ SCHRÖDER
Die Menschen in NRW leben in einer bevorzugten Region. Drei internationale und sechs regionale Flughäfen befördern sie, oft für wenige Euro, durch ganz Europa. Doch dieser Mobilitätsvorsprung schadet zunehmend dem Klima. Denn von den Flughäfen im Land sollen in den kommenden Jahren immer mehr Maschinen starten. Verkehrsexperten warnen daher vor dem Abgas-Overkill: „Hier wird ein ruinöser Preiskampf der Billigflieger auf dem Rücken des Klimas ausgetragen“, sagt etwa Werner Reh, Verkehrsreferent des Bundes für Umwelt- und Naturschutz.
Die vier größten NRW-Flughäfen Düsseldorf, Köln/Bonn, Dortmund und Münster/Osnabrück befördern jährlich mehr als 27 Millionen Passagiere. Der Flughafen Dortmund etwa will 2011 seine Fluggastzahlen von rund 1,7 auf 2,7 Millionen steigern und überlegt daher zurzeit, seine Start- und Landebahn auszubauen. Ähnliche Pläne gibt es in Münster. So sollen in Zukunft auch größere Maschinen als bisher dort starten und landen können. In ganz NRW steigt die Zahl der Flugkilometer pro Passagier jährlich laut Landes-Verkehrsministerium um etwa fünf Prozent.
Davon profitieren vor allem die so genannten Billig-Fluglinien, die immer mehr Maschinen betreiben. Eine aktuelle Studie des Wuppertal Instituts für Klima, Umwelt und Energie macht sie daher besonders für die zusätzlichen Emissionen im Flugverkehr verantwortlich. Auf 3,3 Millionen Tonnen CO2 im Jahr 2004 kamen allein die Linien easyjet und Ryanair und produzierten damit schon rund ein Viertel der Emissionen der Lufthansa – mit steigender Tendenz. Laut Karl Otto Schallaböck, Verkehrsexperte am Wuppertal Institut, nimmt der klimaschädliche Ausstoß aller Maschinen um rund vier Prozent pro Jahr zu.
Schallaböck weist zwar darauf hin, dass die Flugzeuge durch verbesserte Oberflächenmaterialien und gesunkenes Gewicht in den vergangenen Jahren immer weniger Schadstoffe ausstoßen. „Insgesamt sind die Belastungen für das Klima durch die höheren Flugzahlen aber massiv gestiegen“, so Schallaböck.
Grenzwerte für den Schadstoffausstoß der zusätzlichen Flüge gibt es jedoch nicht – im Gegensatz zu den Autos. „CO2 spielt an den Flughäfen keine Rolle“, sagt Stefan Heuschen, Sprecher von Landesverkehrsminister Oliver Wittke (CDU). Genau das sei aber der Grund, weshalb immer mehr Billigflieger den Himmel bevölkern, so Reh. Die Grünen in NRW fordern daher, das Fliegen durch eine Kerosinsteuer teurer zu machen. „Zumindest im Steuerrecht sollten die Flugzeuge gleichgestellt werden“, sagt Johannes Remmel, umweltpolitischer Sprecher der Grünen. Das kann allerdings nur auf EU-Ebene erreicht werden. Verkehrsexperte Reh nimmt außerdem das Land NRW in die Pflicht, das landesweite Flughafenkonzepte entwirft: „Der Luftverkehr sollte gebündelt werden.“ Neun Flughäfen seien einfach zu viel.
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