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Archiv-Artikel

Diese Woche wird wichtig für … Gelsenkirchen-Buer

… weil die BueranerInnen nach 125 Jahren ab heute ohne eigene Lokalzeitung auskommen müssen und nun in einem Einzeitungskreis leben.

Wo bislang in Gelsenkirchener Tankstellen, Büdchen und Läden die Buersche Zeitung lag, liegt heute – nichts. Das heißt: zumindest nicht die Buersche. Am Wochenende erschien die letzte Ausgabe, ein in mehrfacher Hinsicht historisches Ereignis: Das 1881 gegründete Blatt war nicht nur älter als die meisten deutschen Lokalzeitungen. Sie war mit rund 8.000 Abonnenten eigentlich auch gut aufgestellt. Trotzdem musste sie schließen, ausgerechnet im Jubiläumsjahr – und unter sonderbaren Umständen.

Im Frühjahr erschienen in Buer, dem einst selbstständigen Stadtteil Gelsenkirchens, sogar noch drei lokale Tageszeitungen. Bis die Dortmunder Ruhr Nachrichten (RN) im Januar ihren Rückzug ankündigten – aus finanziellen Gründen. Am letzten Erscheinungstag der RN, Ende März, verkündete dann überraschend auch Buersche-Verleger Kurt Bauer das Aus seines Titels. Gewiss kein Zufall: Buersche und RN hatten kooperiert. Das Ende der RN sei auch sein Ende, sagte Bauer damals, die Zeitung rechne sich nicht mehr. – Was ihm viele Bueraner nicht glauben wollten.

Gewerkschafter und Politiker rätseln seit Monaten, ob sich die Verleger das Ruhrgebiet neu aufgeteilt haben. Denn es gibt eine Nutznießerin des Zeitungssterbens: die Essener Westdeutsche Allgemeine Zeitung (WAZ). Ab dieser Woche müssen sich die Menschen in Buer mit ihr begnügen – oder ohne Lokalzeitung leben. Die WAZ, Marktführerin im Ruhrgebiet, buhlt seit Wochen um neue Kundschaft. Ruft Buersche-Abonnenten an. Wirbt. Kurzum: Sie kontrolliert den Markt. Und hat abermals ein Monopol dazu gewonnen.

Bei einer symbolischen Trauerfeier für die Buersche, am Freitag in Gelsenkirchen, sprach der Vorsitzende des Deutschen Journalistenverbands, Michael Konken, von „geldgierigen Verlagsmanagern“ und nannte das Zeitungssterben im Revier exemplarisch für die ganze Republik. – Was den Menschen nun allerdings schnuppe sein wird: Denn die Buersche ist weg und kommt nicht wieder. Bestrebungen, die Zeitung zu retten, sie etwa in eine Genossenschaft zu überführen, sind kläglich verpufft. Der anfänglich laute Protest war zuletzt kaum noch zu hören. Politiker lieferten bis auf wenige Ausnahmen bloß lauwarme Beileidsbekundungen. Dabei liegt auf der Hand, was es bedeutet, wenn statt drei Zeitungen künftig nur noch eine erscheint: Geschäftsfördernden Wettbewerb gibt es nicht mehr, es existiert nur noch eine publizierte Meinung. Im Gelsenkirchener Rathaus wurde deshalb schon geflachst, man könne die Ratssitzungen doch künftig gleich bei der WAZ abhalten. BORIS ROSENKRANZ