DIE WERBEPAUSE : Tickets für den Chef
Kaum hat Kanzlerin Merkel den Stuttgarter Bahnhof zur Chefsache erklärt, schon wirbt die Deutsche Bahn für ein Chef-Ticket. Der Gag: Die Fahrkarte ist nur online auf Facebook buchbar. Für 25 Euro will die Bahn Kunden eine für einen bestimmten Zug gebuchte Fahrt zu deutschlandweiten Zielen anbieten.
Bis zum Verkaufszeitraum vom 25. Oktober bis zum 7. November soll ein YouTube-Video und ein Pac-Man-ähnliches Browserspielchen im sozialen Netzwerk die Kauflust schüren. Die Bahn hofft bei der Aktion auf ihrer Facebook-Seite auf den Schneeballeffekt im Web 2.0 – auf Fans, welche die frohe Werbebotschaft laut herausposaunen und weitersagen. Dass sie den Schneeball in Forendiskussionen erst mal an den Kopf geworfen bekam, ist eine andere Geschichte (mehr auf taz.de).
In seinem Werbefilm fährt der Konzern schließlich Klischees auf. Der Chef ist außer Haus. Büroangestellte feiern, rauchen Wasserpfeife, tragen Hahnenkämpfe aus, bis der Obermotz mit dicken Backen früher als erwartet auftaucht – natürlich per Zug, mit dem Chef-Ticket. Die naive Idee: Jeder will mal der Boss sein, vielleicht nicht unbedingt wie der dargestellte Mischling aus Kai Diekmann und Stefan Mappus aussehen, aber doch im Büro eine Horde autoritätsfürchtiger Angestellter unter sich wissen. Dass sich die Frage aufdrängt, wer heutzutage tatsächlich noch das unbeliebte Firmenoberhaupt spielen möchte, scheint die Bahn nicht zu stören. Mit dem Video wollte die Frankfurter Agentur Ogilvy das Chef-Gefühl verbreiten. Ob das bei der Zielgruppe, die sich nicht auf Chefetagen beschränken dürfte, auch ankommt, finden nicht nur die Facebook-Kommentatoren fraglich, die in den Foren ihre Skepsis kundtun. Tilman Queitsch